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Die Cancel Culture frisst ihre Kinder

Jetzt trifft es Judith Butler, die wichtigste Vordenkerin der Gender-Ideologie.
Die Begründerin der Gendertheorie, Judith Butler
Foto: IMAGO/xWireStockx (www.imago-images.de) | Am Mittwoch hätte die amerikanische Philosophin Judith Butler bei einem öffentlichen Ereignis namens „Gegen den Antisemitismus, seine Instrumentalisierung und für den revolutionären Frieden in Palästina“ auftreten ...

Judith Butler gecancelt, und zwar durch die Stadt Paris: Am Mittwoch, den 6. Dezember hätte die amerikanische Philosophin bei einem öffentlichen Ereignis namens „Gegen den Antisemitismus, seine Instrumentalisierung und für den revolutionären Frieden in Palästina“ auftreten sollen. 

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Vorbereitet wurde die Veranstaltung von mehreren linken Organisationen, darunter Tsedek!, ein „dekoloniales jüdisches Kollektiv“. Judith Butler sollte als Sprecherin der in den USA beheimateten antizionistischen jüdischen Organisation „Jewish Voice for Peace“ auftreten. Die Stadt Paris hat das Ereignis nun aus Angst vor möglichen „Störungen der öffentlichen Ordnung“ abgesagt, die auf potentiell antisemitische Äußerungen im Rahmen der Veranstaltungen folgen könnten.

Butler relativiert den Angriff der Hamas

Judith Butler, selbst Jüdin, gehört zu jenen weltweit einflussreichen linken Intellektuellen, die im Fahrwasser des Postkolonialismus den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober wenn nicht entschuldigen, so doch als Teil einer „Geschichte der Gewalt“ relativieren. Anfang November unterzeichnete sie den offenen Brief „Philosophy for Palestine“, der „das anhaltende und rasch eskalierende Massaker in Gaza durch Israel“ verurteilt, israelische Opfer und Geiseln aber nur ansatzweise erwähnt. „Ich denke, es ist extrem wichtig, die Hamas und die Hisbollah als progressive linke soziale Bewegungen zu verstehen, die Teil einer globalen Linken sind“, erklärte Butler 2006 in einem Video, das nun wieder aus der Versenkung aufgetaucht ist. Die Worte sind in der Welt, da nützt es auch nichts, dass sie den Angriff der Hamas nun als „schreckliches Massaker“ verurteilt.

Die Autorin von „Das Unbehagen der Geschlechter“ darf als wichtigste Vordenkerin der Gender-Ideologie bezeichnet werden. Sie trägt seit Jahren dazu bei, gezielt Positionen zu marginalisieren, die sich für die natürliche Familie aus Vater, Mutter, Kind oder für die Rechte von biologischen Frauen einsetzen. Butler hat selbst dazu beigetragen, ein Klima zu schaffen, in dem der Diskurs sich nicht mehr durch den freien und zivilisierten Austausch von Positionen selbst reguliert. Nun bekommt sie die Folgen am eigenen Leib zu spüren. Das ist keine Schadenfreude, das ist eine objektive Beobachtung – die jedoch jenen antifaschistischen Gruppen und Blättern entgeht, die nun empört aufschreien.

Judith Butler ist nicht die erste linke Ideologin, die im – in sich durchaus konsequenten – Festhalten am postkolonialen Antiimperialismus über den Stolperstein Antisemitismus fällt, siehe Greta Thunberg. Eine gute Nachricht: Dieser Diskurs verfängt in der deutschen Linken deutlich weniger als etwa in Frankreich. Vielleicht kann man aus der Geschichte doch etwas lernen.

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