Die Debatte über die Flüchtlingspolitik hat das politische Klima in Deutschland vergiftet. Diese Ansicht vertritt der Chefredakteur der Tageszeitung „Die Welt“, Ulf Poschardt, in einem Leitartikel. Während die Debatte anfangs vor allem von Vertretern der politischen Rechten giftig geführt worden sei, „zersetzen nun vor allem Linke und Linksliberale das Diskursklima“, schreibt der Journalist. „Der Thron, von dem herab sie über Andersdenkende urteilen, wächst in den Himmel.“ Sie definierten „Meinungskorridore und erklären alle außerhalb dieser Korridore für vogelfrei“.
Den Hintergrund sieht Poschardt darin, dass die „ehrenwerte Flüchtlingspolitik“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel wenig Rückhalt in Europa finde. Deshalb reagierten ihre Unterstützer mit einer „immer verbissener vorgetragenen Entschiedenheit“. Die „Flüchtlingsfreunde“ übertünchten wachsende Unsicherheit „durch Lautstärke, Zorn und Radikalität“. So werde Bundesinnenminister Horst Seehofer „in die Nähe von Rechtsradikalen gebracht, die CSU zur AfD umfabuliert, bei manchen die FDP gleicht mit“. Die Auseinandersetzung habe „den Boden der Politik verlassen, um ins Reich der Moral zu wechseln“.
Kritisch sieht Poschardt die Rolle der Kirchen in der öffentlichen Diskussion. Ihnen gehe es „im Kern um die eigene Heiligsprechung“. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm (München) klinge „wie jeder Grüne“. Er „trötet gegen die wachsenden Zweifel in der Bevölkerung, und die registriert aufmerksam, wie versucht wird, diese Zweifel auszutreten“.
DT/idea