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CDU-Chefarzt an christlichem Klinikum startet Pro-Abtreibungs-Petition

„Meine Hilfe kann keine Sünde sein“, findet der Gynäkologe Joachim Volz. Er möchte am christlichen Klinikum Lippstadt abtreiben. Mittel zur Durchsetzung: Klage und Petition.
Ehemaliges Evangelisches Krankenhaus Lippstadt
Foto: JakobxStudnar (www.imago-images.de) | Da war für Volz noch alles wie gewohnt: Unter rein evangelischer Leitung waren "medizinisch indizierte" Abtreibungen weitgehend erlaubt.

„Stoppt die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen!“ – Das fordert der Chefarzt des Zentrums für Frauenheilkunde am Christlichen Klinikum Lippstadt, Joachim Volz, in einer aufsehenerregenden Petition, die auf der Plattform „innn.it“ bereits über 110.000 Unterschriften hat. Hintergrund der Aktion ist die Fusion des Evangelischen Krankenhauses Lippstadt und des katholischen Dreifaltigkeits-Hospitals im Dezember 2024.

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Schon im Februar 2025 berichteten zahlreiche Medien über eine Auseinandersetzung über die Durchführung von Abtreibungen. Mit der Fusion hatte Volz die Weisung bekommen, keine Abtreibungen mehr durchzuführen, außer bei drohender Lebensgefahr für die Schwangeren. Vor der Fusion waren im Zentrum als Teils des evangelischen Krankenahuses auch andere „medizinisch indizierte“ Abtreibungen möglich gewesen – darunter fallen in Deutschland auch Abtreibungen bei Behinderungen des Kindes, wenn diese, wie es im §218 heißt, „nach ärztlicher Erkenntnis“ zur Abwendung der Gefahr einer „schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren“  angezeigt (also indiziert) ist. Hinzu kam, dass Volz auch die Weisung erhielt, in seiner Privatpraxis keine Abtreibungen mehr anzubieten.

„Kirchliche Dogmen haben dort nichts zu suchen“

Nun hat Volz seiner laufenden Klage gegen die Anweisung vor dem Arbeitsgericht auch eine Petition hinzugefügt – und die liest sich sehr politisch. Das Verbot ignoriere „das ärztliche Urteil, den Willen der Patientin und auch das Gesetz“, denn nach Paragraph 218 StGB seien Eingriffe nach medizinischer Indikation ausdrücklich erlaubt. Er könne das Verbot nicht akzeptieren und wolle die Petition „als Weckruf an die Politik und die Gesellschaft“ richten. Der Weckruf hat es ziemlich in sich, fordert Volz doch das Ende der „Kriminalisierung von jeglicher Form des Schwangerschaftsabbruchs“. Es könne „kein allgemeiner Straftatbestand gerechtfertigt werden“, „wo persönliche Zumutbarkeit und individuelle Entscheidung ausschlaggebend sind“, Schlussfolgerung: „Die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ist somit nicht möglich.“

Zur Begründung führt die Petition an, das Gesetz unterscheide zwar zwischen rechtmäßiger Abtreibung bei medizinischer Indikation und „angeblich“ rechtswidriger nach Beratung in den ersten zwölf Wochen, „in Wahrheit liegt beiden Fällen das legitime Recht einer jeden Frau zugrunde, nach ärztlicher Beratung zu entscheiden, ob sie sich eine Fortführung ihrer Schwangerschaft in ihrem höchstpersönlichen Kontext zumuten kann.“

Volz wendet sich aber nicht nur gegen die geltende Rechtslage, sondern auch gegen die Kirche: Es müsse Schluss sein „mit religiösen Vorschriften in öffentlichen Krankenhäusern. Kirchliche Dogmen haben dort nichts zu suchen“. Er wolle nicht gegen den Glauben rebellieren, sondern aufklären, schreibt Volz. In der Medizin solle nicht „ein katholischer Moralapparat, nicht eine Kirche, die sich über die Betroffenen hinwegsetzt“, das letzte Wort haben, sondern „die Patientin – im Austausch mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt“. Überhaupt sei es „schlicht unterlassene Hilfeleistung“, wenn er seine Patientinnen „selbst bei schweren Fehlbildungen des Fötus, bei Schwangerschaften nach Vergewaltigungen oder mit immensen gesundheitlichen Risiken“, weiterschicken solle, wenn er doch „helfen“ könne. Noch deutlicher als im Petitionstext wurde Volz im April gegenüber „Hellweg Radio“: die Vorgaben der katholischen Seite seien „frauenverachtende, menschenverachtende und verknöcherte Ideologie“.

Kirchenfeindliche Betätigung?

Nun steht auch die Frage im Raum, ob Volz sich nicht spätestens mit der Petition der „Propagierung von Abtreibung“ schuldig macht. Diese wird in der Grundordnung des kirchlichen Dienstes eigentlich als „kirchenfeindliche Betätigung“ eingestuft und kann „rechtlich geahndet werden“. Ebenfalls unter kirchenfeindliche Betätigung fällt die „Herabwürdigung von katholischen Glaubensinhalten“. Angriffsfläche in diesem Bereich sieht auch der Kirchenrechtler Sebastian Cüppers, der der „Tagespost“ sagte, im Verhalten des Chefarztes läge wohl durchaus einen Verstoß gegen die Anforderungen aus seinem Dienstverhältnis vor, das zwingend sanktioniert werden müsste“. Gegenüber der „Legal Tribune Online“ ließ Volz diesbezüglich im Mai, also noch vor der Petition, aber nach zahlreichen öffentlichen Äußerungen, bereits durchaus Problembewusstsein durchscheinen. „In meiner Leitungsfunktion als Chefarzt soll ich insbesondere diesen Normen verpflichtet sein, da ich angeblich die Klinik in der Öffentlichkeit repräsentiere“, sagte Volz dem juristischen Fachportal. 

Und noch ein anderes Detail macht den Vorgang gerade im Licht der aktuellen Debatte um die auch aus Gründen der Haltung einer Kandidatin zur Abtreibung vorerst aufgeschobene Besetzung der Richterstellen am Bundesverfassungsgericht pikant: Eigentlich hatte Volz dem aktuellen Bundestag angehören wollen – und das ausgerechnet als Kandidat der CDU. So trat er im September 2024 als parteiinterner Bewerber für die Direktkandidatur der CDU im Wahlkreis Bielefeld-Gütersloh II an, konnte sich allerdings nicht gegen Katharina Kotulla durchsetzen, die schließlich knapp gegen die SPD-Konkurrentin Wiebke Esdar verlor.

In seinem online noch abrufbaren Motivationsschreiben formulierte Volz damals allgemein, sein „Bewusstsein für essenzielle Fragestellungen in der Gesundheits- und Gesellschaftspolitik“ sei „geschärft, und ich sehe großen Handlungsbedarf in diesen Bereichen.“ Im Übrigen sei es bei der Politik, für die er stehe, wichtig, „einen gesellschaftlichen Konsens zu erreichen, der nicht auf überfordernder theoretischer Moral, sondern auf pragmatischen und realitätsnahen Ansätzen basiert.“ Auf eine Anfrage dieser Zeitung an die Bielefelder CDU und deren Vorsitzende Christiana Bauer, ob man zu Volz' Ausführungen Stellung nehmen wollte, und wie man die Äußerung des Chefarztes zur Causa Brosius-Gersdorf, er sei über die „rechte Hetzkampagne“ „geschockt“, und sei der Meinung „es würde der CDU sehr guttun, wenn sie diese Abhängigkeit von Abtreibungsgegnern losbekommen würde“, bewerte, reagierte der Kreisverband nicht. (DT/jra)

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