Wenn es noch eines Beweises bedürfte, dass das Werbeverbot für Abtreibungen (§ 219a StGB) Sinn macht, so wurde er jetzt erbracht. Am Freitag hat das Amtsgericht Berlin-Tiergarten zwei Ärztinnen zu einer Geldstrafe von jeweils 2.000 Euro verurteilt. Die beiden Ärztinnen, Bettina Gaber und Verena Weyer, 56 und 52 Jahre alt, hatten sich geweigert, von der Webseite ihrer Gemeinschaftspraxis den Satz zu entfernen: „Auch ein medikamentöser, narkosefreier Schwangerschaftsabbruch in geschützter Atmosphäre gehört zu unseren Leistungen.“
Wenn das keine Werbung ist, was dann? Bloße Information, wie von interessierter Seite behauptet, kann dieser Satz schon deshalb nicht sein, weil die Abtreibungspille gar kein Medikament, sondern ein tödliches chemisches Präparat ist. Wäre es anderes, wäre Schwangerschaft eine Krankheit und das ungeborene Kind ein Krankheitserreger, der bekämpft gehört.
Staatsanwaltschaft forderte 7.500 Euro
Damit nicht genug: „Informationen“ wie „narkosefrei“ und „in geschützter Atmosphäre“, haben denselben werblichen Charakter wie Mietofferten. Nur, dass hier dann – kontextabhängig – von „kautionsfrei“ und „in ruhiger Wohnlage“ die Rede wäre.
Wie die medial nun vielfach gescholtene Richterin Christine Mathiak zu Recht in ihrer Urteilsbegründung ausführte, haben die beiden Ärztinnen mit diesem Satz einen Vermögenvorteil erzielt. Dass die Richterin bei der Zumessung des Strafmaßes gleichwohl deutlich unter den von der Staatsanwaltschaft geforderten 7.500 Euro für jede der beiden Ärztinnen blieb, erschließt sich deshalb nicht.
Dies umso weniger als beide Ärztinnen auch noch vorsätzlich handelten. Der Staatsanwaltschaft, die anbot, das Verfahren einzustellen, wenn sie im Gegenzug den Satz von ihrer Homepage strichen, gaben Gaber und Weyer einen Korb und präzisierten den profitablen Rechtsbruch lediglich: „Auch ein medikamentöser, narkosefreier Schwangerschaftsabbruch gehört zu den Leistungen von Frau Dr. Gaber.“
Abtreibung ist keine normale medizinische Dienstleistung
Wir erinnern uns: Ende Februar hatte der Deutsche Bundestag nach monatelangem Streit eine Reform des Werbeverbots für Abtreibungen beschlossen. Dabei wurde der § 219a Strafgesetzbuch um einen neuen Absatz 4 erweitert, der zusätzliche Ausnahmetatbestände vom Werbeverbot für Abtreibungen enthält. Seitdem können Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtung auch öffentlich darauf hinweisen, dass sie Abtreibungen durchführen. Für weiter gehende Informationen, wie Methoden, Risiken und anderes mehr müssen Abtreibung durchführende Ärzte jedoch auf staatlich organisierte Informationsangebote verlinken. So soll verhindert werden, dass vorgeburtliche Kindstötungen wie normale medizinische Dienstleistungen erscheinen.
Wer sich dem mutwillig widersetzt, hat keine Nachsicht verdient und sollte die verbliebene Härte des aufgeweichten Gesetzes zu spüren bekommen. Mit 20 Tagessätzen á 100 Euro macht sich der Staat da eher lächerlich.
DT/reh (jobo)
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