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Ostslowakei: Wo Ost und West sich begegnen

Von den Bergen der Hohen Tatra über die Gotische Straße bis zum slowakischen Karst: Kaum anderswo in Europa kann man auf so engem Raum so viele Kunstschätze und Naturjuwelen bestaunen wie im Osten der Slowakei.
Große Hinzsenssee in der Hohen Tatra
Foto: Christoph Hurnaus | Der Große Hinzsenssee in der Hohen Tatra ist der größte und tiefste Gebirgssee der Slowakei.

Den Osten der Slowakischen Republik zeichnet in besonderer Weise eine Symbiose an kultureller Vielfalt und landschaftlicher Schönheit aus. Auf engem Raum finden sich viele Sehenswürdigkeiten, die in der Liste der UNESCO-Welterbestätten verzeichnet sind. Neben den Altstädten von Levoča und Bardejov und den Holzkirchen im Grenzgebiet zu Polen besitzen auch zwei Urwälder und einige Höhlen des Slowakischen Karst und die große Dobschauer Eishöhle den UNESCO-Welterbe-Status.

Wer eine Reise in den Osten des Landes plant, sollte auf jeden Fall die Hohe Tatra besuchen. Der bekannteste Gebirgsort ist Štrbské Pleso am Tschirmer See, mit 1 355 m das höchstgelegene Dorf der Slowakei. Starý Smokovec und Tatranská Lomnica sind zwei weitere Tourismusorte mit einer langen Tradition und Geschichte. In Tatranská Lomnica befindet sich das während der Monarchiezeit errichtete, eindrucksvolle Grandhotel Praha. Von hier führt eine Seilbahn auf die Lomnitzspitze, mit 2 634 m der zweithöchste Berg der Slowakei. Rund um die Hohe Tatra kann man wunderschöne Bergtouren unternehmen, von einem beliebten Spaziergang, der von Štrbské Pleso zum Poppersee führt, bis zur Besteigung der Meeraugspitze, mit 2 499 m der höchste Berg Polens. Eindrucksvoll ist die Fahrt mit der Tatra-Eisenbahn, die vom Fuße der Hohen Tatra in Poprad, dem früheren Deutschendorf, in die Tatra-Gebirgsorte führt.

Deutsche Siedler

Poprad gehört zur Zipser Region, die auch als „das Land unter der Tatra“ bezeichnet wird. Hier siedelten seit Jahrhunderten Deutsche, Ungarn und Polen. Sie schufen prosperierende Städte, in denen das Handwerk blühte. Die wichtigsten Städte neben Poprad sind Levoča (Leutschau), Kežmarok (Käsmark) und Spišská Nová Ves (Zipser Neudorf). Die deutschen Bewohner, die auch als Sachsen bezeichnet werden, bildeten vor ihrer Vertreibung im 19. und 20. Jahrhundert das wirtschaftliche und kulturelle Rückgrat der Zips. Levoča ist die bekannteste Stadt der Zipser Region und steht wegen seines mittelalterlichen Stadtbildes seit 2009 auf der Weltkulturerbeliste der UNESCO. Sehenswert ist der gotische Flügelaltar in der Jakobskirche. Mit 18,62 m Höhe ist der von Meister Paul von Leutschau geschnitzte Altar der größte gotische Flügelaltar der Welt.

Daneben ist Levoča auch einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte der Slowakei. Zum Fest Mariä Heimsuchung, das immer am ersten Sonntag im Juli gefeiert wird, kommen jährlich zehntausende Pilger auf einen Wallfahrtsberg am Rande der Stadt, auf dem sich die Basilika Mariä Heimsuchung befindet. Während seines Slowakeibesuches feierte hier Papst Johannes Paul II. im Jahr 1995 eine Pilgermesse mit hunderttausenden Pilgern aus der Slowakei, Polen und Ungarn.

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Neben Levoča ist Kežmarok (Käsmark) die wichtigste und bedeutendste Stadt der Zips. Bis ins 20. Jahrhundert wies die Stadt eine deutsche Bevölkerungsmehrheit auf und war somit die wichtigste Stadt der Karpatendeutschen in der Slowakei. Kežmarok besitzt ein wunderschönes Altstadt-Ensemble, das heute unter Denkmalschutz steht. Hier findet jedes Jahr im Juli ein Festival des Europäischen Volkskunsthandwerks statt, das an die goldenen Zeiten erinnert, als die Stadt eine königliche Freistadt war, in der Handel und Handwerk aufblühten und es 38 Zünfte gab.

Beeindruckende Burganlage

Das Wahrzeichen der Zips ist die Zipser Burg, eine der größten Burganlagen Mitteleuropas. Sie steht auf einem Hügel oberhalb der Stadt Spišské Podhradie (Kirchdrauf) und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Von allen Seiten bietet die Burgruine einen majestätischen Anblick, besonders am Abend, wenn im Hintergrund die Berge der Hohen Tatra im Abendlicht leuchten. Unterhalb der Burg liegt das Zipser Kapitel, eine beeindruckende Kirchenburg, die ebenfalls Teil des UNESCO-Welterbes ist. Die ursprünglich frühromanische Kathedrale des heiligen Martin ist heute Kathedralkirche und Bischofssitz. Fünf Altäre schmücken den gotischen Dom, von denen der Hauptaltar mit Maria und dem Jesuskind der eindrucksvollste ist. Kirchdrauf liegt, genau wie Leutschau, auf der Gotischen Straße. Diese verbindet neun slowakische Städte und 24 Dörfer miteinander.

Neben seinen Kunstschätzen hat die Zipser Region auch landschaftlich einiges zu bieten. Empfehlenswert ist ein Besuch des Pieninen-Nationalsparks, wo man in der Gemeinde Červený Kláštor (Rotes Kloster) eine eindrucksvolle Floßfahrt am Fluss Dunajetz unternehmen kann. Die Route verläuft an einem landschaftlich schönen Wasserweg, an dem früher Holz transportiert wurde. Die Flößer tragen bis heute buntbestickte Goralen-Trachten. Die Volksgruppe der Goralen lebt heute vor allem in den slowakisch-polnischen Berggebieten der Hohen Tatra und der Beskiden.

Mittelalterliche Prägung

Entlang der Grenze zu Polen findet man auf slowakischer Seite beeindruckende griechisch-katholische Holzkirchen, von denen acht zum slowakischen UNESCO-Weltkulturerbe zählen.

Ganz im Nordosten der Slowakei liegt das reizende Städtchen Bardejov (Bartfeld). Seit dem Jahr 2000 steht die Stadt wegen seines mittelalterlichen Gepräges unter UNESCO-Schutz. Sehenswert ist die gotische Ägidiuskirche, die neben einem neugotischen Hauptaltar noch zehn weitere gotische Flügelaltäre besitzt. Einige Kilometer außerhalb der Stadt befindet sich inmitten der Berge der Kleinen Beskiden der malerische Kurort Bad Bartfeld. Während der Monarchiezeit gehörte das Bad zu den populärsten Kurbädern von Ungarn. Zu den bekanntesten Kurgästen zählten die Kaiserin von Österreich Sissi, der russische Zar Alexander II. und Marie-Louise, die Gattin von Napoleon I.

Im Nordosten der Slowakei leben bis heute viele griechisch-katholische Gläubige, die der Volksgruppe der Ruthenen angehören. Sie besitzen eine eigene Eparchie, die ihren Sitz in der Stadt Prešov hat. Dort befindet sich die Kathedrale des heiligen Johannes des Täufers mit einer sehenswerten Ikonostase. Daneben besitzt die ehemalige Freistadt Prešov, die, wie die gesamte heutige Slowakei, jahrhundertelang zu Ungarn gehörte, einen sehr schönen Stadtplatz mit mittelalterlichen Bürgerhäusern.

Sehenswerter Elisabethaltar

Nicht weit entfernt liegt Košice (Kaschau), mit 240 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Slowakei. Seit Košice 2013 zur Kulturhauptstadt Europas wurde, erstrahlt die Innenstadt in neuem Glanz. Entlang der Hauptstraße befindet sich das größte denkmalgeschützte Stadtgebiet der Slowakei. Hauptsehenswürdigkeit ist der Dom der Heiligen Elisabeth, seit 1995 Kathedralkirche des Erzbistums Košice und zweitgrößte Kirche des Landes. Sehenswert ist der gotische Elisabethaltar, der zu den größten Flügelaltären in Europa gehört. Nur 15 Kilometer entfernt von der Stadt kann man im Dorf Herľany (Herlein) einen Kaltwassergeysir bestaunen, der allerdings nur alle 34-36 Stunden ausbricht.

Im Slowakischen Karst, dem größten Karstgebiet Mitteleuropas, das an der Grenze zu Ungarn liegt, gibt es einige eindrucksvolle Höhlen, von denen heute vier auf der Liste des UNESCO-Weltnaturerbes stehen. Die größte und eindrucksvollste Höhle der Slowakei, die Dobschauer Eishöhle, die ebenfalls in der UNESCO-Liste verzeichnet ist, liegt im Slowakischen Paradies, einer Mittelgebirgslandschaft, die ein Eldorado für Wanderer bildet.

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