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„Das Leben als Mensch beginnt nicht erst mit der Geburt“

Ex-Präsident des Bundesverwaltungsgericht Rennert reflektiert den Würdebegriff des Grundgesetzes auf der 146. Generalversammlung des Unitas-Verbandes.
Klaus Rennert
Foto: BMJV/Xander Heinl/photothek (imago stock&people) | Der ehemalige Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Klaus Rennert, reflektierte den Würdebegriff des Grundgesetzes . (Archivbild)

Nach Ansicht des ehemaligen Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Klaus Rennert ist weder die verbrauchende Embryonenforschung noch die Zeugung von Designer-Babies mit der Menschenwürdebegriff des Grundgesetzes vereinbar. In seinem Festvortrag anlässlich der 146. Generalversammlung des „Verbandes der Wissenschaftlichen Katholischen Studentenvereine Unitas e.V.“ am Wochenende in Karlsruhe, erklärte Rennert: „Der Normtext – ,die Würde des Menschen‘ – umfasst jeden Einzelnen und zudem die Gattung Mensch.“ Es komme daher „nicht auf individuelle Zustände oder Fähigkeiten an; Würde kommt auch Kleinkindern zu, auch Schlafenden, auch Dementen und Debilen“. Das Grundgesetz schütze jeden Menschen als solchen, als Individuum der Gattung Mensch.

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Es gibt kein Hineinwachsen in die „Qualität“ Mensch

Alles dies sei weitgehend unstrittig. „Strittig sind Anfang und Ende.“ Mit Blick auf das Lebensende gebe es Streitfragen um den Hirntod. Wichtig aber sei: „Was der einst Lebende hinterlässt, gehört noch zu ihm, die sterbliche Hülle ebenso wie persönlicher Ruf und Ehre.“ Fragen der Bestattung, der Organspende, auch der Plastinierung müssten das beachten. „Hitzig“ würden „die Debatten beim Blick auf den Lebensbeginn. Klar sei: Das Leben als Mensch beginnt nicht erst mit der Geburt; auch der Nasciturus ist Mensch. Das wird leider erst ab der Nidation allgemein anerkannt; es sollte aber auch für die Entwicklungsstadien zuvor gelten, und zwar sogleich und ohne jeden Abstrich von der Verschmelzung von Samen und Ei an, gleichgültig ob diese im Mutterleib oder ,in vitro‘ geschieht“, so Rennert.

„Für den religiös gestimmten Menschen ereignet sich hier der göttliche Funke.“ Wer von religiösen Überzeugungen absehen wolle oder dafür unempfänglich sei, „den sollten jedenfalls die sogenannten SKIP-Argumente überzeugen“. „S wie Spezies der Gattung Mensch, K wie Kontinuität der weiteren Entwicklung, I wie Identität und P wie Potentialität dieses Individuums. Damit gibt es kein allmähliches Hineinwachsen in die Qualität ,Mensch‘, sondern nur ein ,ganz oder gar nicht‘.“

Daher könne „die Qualität ,Mensch‘“ auch „nicht gegen Forschungs- oder Heilungsinteressen abgewogen werden; es ist unzulässig, mit der Morula in der Petrischale zu wissenschaftlichen Zwecken herumzuexperimentieren, weil sie bislang ja nur ,ein bisschen Mensch‘ oder ,noch kein richtiger Mensch‘ sei.“ Das habe „erhebliche Konsequenzen für die verbrauchende Embryonenforschung, auch zu Zwecken des therapeutischen Klonens. Auch die Präimplantationsdiagnostik betrifft schon Menschen und nicht lediglich rechtlose Vorstufen.“

Designer-Babies passen nicht „in die Welt des Grundgesetzes“

Laut Rennert ist das „Recht auf Selbst-Sein“ „fundamental“. Dahinter stehe der Gedanke, der Mensch dürfe „nicht das Produkt eines fremden Konzepts sein. Deshalb verletzt das Klonen die Menschenwürde: Der Klon wird nicht als Individuum gezeugt, sondern als Kopie, und zwar nach einem fremden Konzept: nach dem Willen desjenigen, der das Urbild der Klone auswählt. Deshalb verführt auch die Präimplantationsdiagnostik zu einer Verletzung der Menschenwürde. Hier werde „der ,in vitro‘ erzeugte Embryo auf sein genetisches Potenzial hin untersucht“.

Das ermögliche sowohl die „negative wie die positive Eugenik“. Während die „negative Eugenik“ den Embryo „auf Fehlbildungen und schwere Gendefekte“ hin untersuche und „dann die Indikation für Abtreibungen“ oder den Verzicht auf die „Implantation des Embryos in den Mutterleib“ liefere, wähle die „positive Eugenik“, unter mehreren Embryonen den Schönsten aus. „Menschenzüchtung; der Wunsch nach Designer-Babies“ passe „in die Welt von Aldous Huxleys ,Brave new World‘, aber nicht in die Welt des Grundgesetzes“, so der Jurist.

Die rund 500 Teilnehmer des Festkommerses, Studierende und gestandene Akademiker beiderlei Geschlechts, bedachten den Vortrag Rennerts, der unter der Überschrift „Die Würde des Menschen ist unantastbar – Beobachtungen nach (bald) 75 Jahren Grundgesetz“ stand, mit langanhaltendem Applaus. DT/reh

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