Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um „5 vor 12“

Patriarch Lindner?

Der Ex-Finanzminister möchte keine Elternzeit nehmen. Nun herrscht Empörung über sein Familienmodell – aber nicht etwa, weil das Kindeswohl hintansteht. Das ist so typisch wie falsch.
Christian Lindner mit Ehefrau Franca Lehfeldt
Foto: IMAGO/Ulrich Stamm (www.imago-images.de) | Der Patriarch und seine Gemahlin? Dieses Bild trifft auf Christian Lindner und Franca Lehfeldt, die ein Kind erwarten, wohl kaum zu.

Zugegeben, es mag angesichts von Krieg, Krise und Kanzlerduellen zunächst wie eine eher kuriose Nebendebatte am Rande des Bundestagswahlkampfes wirken, aber sie ist doch bezeichnend. Ex-Finanzminister Christian Lindner erwartet mit seiner Ehefrau Franca Lehfeldt im Frühjahr ein Kind. In einem Interview mit der „Bunten“ bekannte Lindner in der vergangenen Woche zwar, Familie sei „das Wichtigste“ und habe „Priorität“, sagte aber gleichzeitig, Elternzeit zu nehmen, sei in seinem Job „nicht vorgesehen“.

Lesen Sie auch:

Klar, ein Widerspruch – auch wenn Lindner später signalisierte, damit habe er gemeint, dass Bundestagsabgeordnete tatsächlich rein rechtlich keinen Anspruch auf Elternzeit hätten. Doch wie brach sich die öffentliche Empörung über Lindners Elternzeit-Verweigerung Bahn? Väter-Podcaster Sebastian Tigges warf dem FDP-Politiker im Stern vor, ein „überholtes Familienmodell“ zu stützen, die Zeit interviewte eine Paartherapeutin zum Thema Gleichberechtigung, die Lindner quasi als heimliches patriarchales Rollenmodell vorstellte.

Diese Reaktion ist gleichermaßen typisch wie pathologisch. Ob Kinder genug Liebe und Zuneigung bekommen, spielt abseits von formelhaften Lippenbekenntnissen offenbar für keine Seite eine Rolle. Auch Lindner verpasste es im Bunte-Interview nicht, darauf hinzuweisen, dass es auch nicht der Plan sei, dass Lehfeldt auf ihre Karriere verzichte. Karriere ist das wichtigste, das ist ganz offensichtlich breiter politischer Konsens. Das zweitwichtigste scheint dann geschlechtergerechtes „Virtue Signaling“ zu sein – Hauptsache, kein irgendwie gestrig daherkommendes Familienmodell unterstützen, bei dem, welch furchtbare Vorstellung, mal eine Frau sich ein paar Jahre um die Kinder kümmert. Das Kindeswohl hingegen interessiert im Rahmen des herrschenden Zeitgeistes als allerletztes. Immerhin eine Gelegenheit für Christen, mit einer anderen Werteordnung aufzufallen.

Katholischen Journalismus stärken

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Stärken Sie katholischen Journalismus!

Unterstützen Sie die Tagespost Stiftung mit Ihrer Spende.
Spenden Sie direkt. Einfach den Spendenbutton anklicken und Ihre Spendenoption auswählen:

Die Tagespost Stiftung-  Spenden

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Jakob Ranke Christian Lindner Kindeswohl

Weitere Artikel

Die Ampelparteien bleiben in der Familienpolitik bei ihrer ideologischen Linie – nur beim Elterngeld setzen die Grünen einen positiven Akzent.
11.02.2025, 17 Uhr
Stefan Fuchs
Die Grüne-Jugend-Vorsitzende fällt mit links-pubertären Verstößen gegen die politische Korrektheit auf. Das hat jedenfalls Unterhaltungswert.
29.05.2025, 16 Uhr
Jakob Ranke
Beate Meinl-Reisinger hat ihre Partei NEOS zum Debüt in der österreichischen Bundesregierung geführt. Sie ist die erste liberale Außenministerin der Zweiten Republik. Ein Porträt.
29.08.2025, 15 Uhr
Alexander Eiber

Kirche

Geboren mit einem Arm, von den Klöstern zunächst abgelehnt, gründete die selige Venezolanerin Carmen Elena Rendíles Martínez eine Ordensgemeinschaft: die „Siervas de Jesús“.
14.10.2025, 11 Uhr
Claudia Kock