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The Weeknd hat seine Wurzeln nicht vergessen

Der kanadische Sänger The Weeknd ist gegenwärtig der größte Popstar der Welt und hat seine äthiopisch-orthodoxen Wurzeln nicht vergessen.
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Foto: dpa | Das Kreuz ist für ihn mehr als ein modisches Accessoire: der derzeit sehr populäre Sänger „The Weeknd“.dpa

2020 befand sich die gesamte Welt coronabedingt in einem beispiellosen Dauer-Lockdown – doch sein Song „Blinding Lights“ half gerade jüngeren Menschen dabei, in Zeiten von Kontaktverboten sowie geschlossener Clubs und Bars einigermaßen gut durch den Pandemie-Blues zu kommen. „Blinding Lights“: Ein pulsierender elektronischer Rhythmus, Synthesizerklänge anno 1981, eine schnell ins Ohr gehende Melodie und Falsettgesang wie bei einem jungen Michael Jackson sorgten dafür, dass Abel Tesfaye, besser bekannt als The Weeknd, den musikalischen Hit des Jahres 2020 lieferte.

Und nebenbei noch so einige Rekorde brach: Denn „Blinding Lights“ hielt sich nicht nur wochenlang auf Platz 1 in knapp 40 Ländern, sondern konnte sich auch über ein Jahr in den amerikanischen „Billboard Hot 100“-Singlecharts halten; bei Spotify avancierte „Blinding Lights“ zum zweitmeistgestreamten Song aller Zeiten – lediglich „Shape Of You“ von Ed Sheeran aus dem Jahr 2017 liegt vor dem Song des Kanadiers.

„Mit Blick auf seine eigene Biographie, in welcher der Sänger
auch schwere Drogenabhängigkeit und Obdachlosigkeit erleben musste,
kann man dem mittlerweile zum Vielfachmillionär avancierten Superstar
in der Tat wohl so manche bestandene Lebensprobe nicht absprechen“

75 Millionen Tonträger hat The Weeknd, der 2011 angefangen hat, Musik zu machen, bereits verkauft. Zu Anfang noch ganz anonym, ohne Bilder oder andere Infos: Da veröffentlichte der Kanadier ohne großes Trara den Song „What You Need“ – und dieser schlägt gerade bei Freunden von schwarzer R’nB-Musik wie die buchstäbliche Bombe ein.

Im Laufe von nur wenigen Wochen stilisieren diverse Musikzeitschriften, soziale Netzwerke und Blogs The Weeknd zum „nächsten großen Ding“ – denn dessen hochemotional vorgetragene Lieder über enttäuschte Liebe, sexuelle und drogenbeeinflusste Ausschweifungen und dunkle Lebensphasen treffen bei der Generation der Millennials einen Nerv. Die Unterstützung durch US-Rap-Superstar Drake, der The Weeknd gegenüber so etwas wie eine Mentorenrolle einnimmt sowie eine Zusammenarbeit mit Lady Gaga („Marry The Night“) helfen dem kanadischen Jungmusiker ebenfalls dabei, schnell eine große Fangemeinde aufzubauen.

 

Wandel von der Düsternis zur Hoffnung

Seitdem ist Abel Tesfaye aus der internationalen Musikwelt nicht mehr wegzudenken – und schöpft musikalisch aus dem Vollen: Inspiriert von so unterschiedlichen Musikern wie Michael Jackson und Prince, David Bowie und den „Talking Heads“ bis hin zu „Siouxie and the Banshees“ und „Daft Punk“ (mit denen er 2016 für sein Album „Starboy“ kollaborierte) wandert der Kanadier auf seinen Alben, EPs und Mixtapes zwischen R’nB, Dance Music und von 80er-Jahre-Pop inspiriertem Synthwave hin und her und bebildert seine Singleveröffentlichungen mit künstlerisch oftmals provokativ-finsteren Musikvideos.

Sein jüngstes Album „Dawn FM“, Anfang Januar als Nachfolger der auch „Blinding Lights“ beinhaltenden 2020er-Veröffentlichung „After Hours“ erschienen, hingegen kehrt der oftmals in The Weeknds Musik anzutreffenden Düsternis den Rücken und ist ganz explizit der Hoffnung verschrieben: Dieses Konzeptalbum, bei welchem es um einen fiktiven, gleichnamigen Radiosender geht, auf dem ein von US-Schauspieler Jim Carrey gesprochener Moderator den Menschen mit der von ihm „gespielten“ Musik Hoffnung und Zuversicht verbreiten will, betrachtet The Weeknd aufgrund der auf Albumlänge durchgehend positiv bleibenden Grundstimmung, entstanden in Erwartung des erhofften Abklingens der Corona-Pandemie, laut eigenen Aussagen als nicht weniger als ein „Fegefeuer“ sowie eine „Reise zum Licht am Ende des Tunnels“.

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Großes soziales Engagement

Musikalisch unterstützt wird er bei seinem von ihm erhofften Feuerwerk der Hoffnung von so unterschiedlichen Musikern wie Produzentenlegende Quincy Jones, den Houseproduzenten Calvin Harris und „Swedish House Mafia“ oder dem Rapper Tyler, The Creator und „Beach Boy“ Bruce Johnston.

Hoffnung verbreiten will der Sänger jedoch nicht nur musikalisch, sondern auch philanthropisch: Nach Angaben des Branchenblatts „Variety“ spendete der Popstar allein im Jahr 2020 rund 1, 8 Millionen Euro für humanitäre Zwecke – unter anderem für die COVID-19-Bekämpfung in seinem Heimatbezirk Scarborough, für die „Black-Lives Matter“-Bewegung und die Opfer der verheerenden Explosion in Beirut vom August 2020.

Christliche Wurzeln

Doch schon seit Beginn seiner Karriere machte sich The Weeknd einen Namen als freigiebiger Spender: So unterstützte er 2014 die Universität von Toronto finanziell, um die Sprache Alt-Äthiopisch, die bis auf den heutigen Tag als Liturgiesprache der äthiopisch-orthodoxen und der eritreisch-orthodoxen Kirche sowie der äthiopischen Juden fungiert, auf den dortigen Lehrplan zu hieven. Zudem spendete er im Jahr 2017 100.000 US-Dollar an das Suubi Health Center im ugandischen Budondo – einem Mutter- und Kinderkrankenhaus –und wurde im vergangenen Jahr Sonderbotschafter (sowie mit einer Million US-Dollar Großspender) für das UN-Welternährungsprogramm: The Weeknd plant zudem, im Rahmen seiner im Juli startenden Welttournee pro verkauftem Ticket jeweils einen Dollar an die Vereinten Nationen zu spenden und die dabei erzielte Summe um persönlich gespendete 500 000 US-Dollar aufzurunden.

Ob seine christlichen Wurzeln ihn zu dieser Freigiebigkeit inspirieren? Klar ist: Abel Tesfaye, der 1990 als Sohn äthiopischer Einwanderer in Toronto geboren wurde, wuchs als äthiopisch-orthodoxer Christ auf. Auf die Frage von „Variety“ im Jahr 2020, ob er heutzutage noch religiös sei, antwortete er ausweichend: „Ich weiß nicht… Alles ist eine Probe und wenn du religiös oder spirituell bist, musst du durch einige Dinge hindurch.“

Mitgefühl mit Menschen in schwierigen Lebenslagen

Mit Blick auf seine eigene Biographie, in welcher der Sänger auch schwere Drogenabhängigkeit und Obdachlosigkeit erleben musste, kann man dem mittlerweile zum Vielfachmillionär avancierten Superstar in der Tat wohl so manche bestandene Lebensprobe nicht absprechen – und möglicherweise hierdurch bei ihm auch ein ausgeprägtes Mitfühlen mit unterpriviligierten und gestrauchelten Menschen vermuten. Seiner früheren Kirchengemeinde, zu der ihn seine Großmutter als Kind immer zu den Gottesdiensten mitnahm, scheint dem Musiker jedenfalls in guter Erinnerung geblieben zu sein: Selbst wenn er in einem Gespräch mit dem „Rolling Stone“ aus dem Jahr 2015 den Glauben seiner Kindheit als beinahe „muslimisch“ empfand, „weil sich in der Gemeinde viel verbeugt wurde“, spendete er während des orthodoxen Osterfestes 2016 der St. Mary's Ethopian Orthodox Tewahedo Church in Toronto 50 000 kanadische Dollar.

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