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Milo Yiannopoulos nun "Ex-Gay" und katholisch?

Der YouTuber und eine der Hassfiguren beinahe jedes liberalen und linken Amerikaners, Milo Yiannopoulos, bezeichnet sich seit Kurzem als "Ex-Gay" und gibt an, künftig keusch und katholisch zu leben. Ist das nur Show oder steckt ein echter Wandel dahinter? 
Milo Yiannopoulos, Youtuber
Foto: Bill Alkofer, imago-images | Nach exzessiven Ausschweifungen, nach einem provokanten Leben zwischen LGBT-Szene und neurechtem Rand und nach der weltlichen Trauung mit einem Mann kommt jetzt die 180° Wende?

Gib mir Keuschheit und Enthaltsamkeit, doch nicht sogleich!" Es gibt vermutlich kein Zitat, das das Lebensgefühl von Milo Yiannopoulus besser beschreibt als jenes von Augustinus. Vielleicht ist es ja nun soweit, denn das Internetcelebrity hat, wie man auf der katholischen Internetseite "LifeSite" lesen kann, sein Leben dem heiligen Joseph geweiht und bezeichnet sich nun als "Ex-gay", sowie als "frei von Sodomie". Damit nicht genug: In Zukunft möchte sich der Aktivist verstärkt für die Lebensbewegung einsetzen. Nein, man hat sich nicht verhört und ja, es handelt sich wirklich um den schwulen, katholischen Kulturmarxisten-Schreck Milo. Durch die amerikanische Medienseite trat der 36-Jährige mit seinen Neuigkeiten am vergangenen Freitag in Form eines Interviews an die Öffentlichkeit.

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Doch ist sein keuscher Wandel mehr als nur ein Scherz? Eine neue Sensation, um sich mal wieder einen Weg in das Rampenlicht zu erhaschen, nachdem es in letzter Zeit ziemlich ruhig um den Briten wurde? Immerhin lebte Milo bereits seit Teenagerjahren seine Homosexualität aus. Dazu kommt, dass der Provokateur erst 2017 seinen afro-amerikanischen Lebensgefährten John standesamtlich geheiratet hat. Mancher wird sich ironische Wetten darüber, wie lange oder wie kurz seine Enthaltsamkeit andauern wird, wohl nur schwer verkneifen können, ist der Journalist und Autor doch dafür bekannt, mit für Empörung sorgenden Provokationen die öffentliche und mediale Aufmerksamkeit zu suchen. Verfolgt man allerdings seine unzähligen Aussagen und Reden genau, findet man zwischen den schillernd-provozierenden Zeilen immer wieder leise Hinweise, die auf seine Sehnsucht, ein keusches Leben zu führen, hindeuten könnten.

„Das größte Problem der Kirche unserer Tage ist,
dass sie die Augen vor der Sünde verschließt“

Rückblende: Ende 2015 hielt Milo eine Serie von komödiantisch angehauchten Vorträgen an amerikanischen Universitäten unter dem Titel "The Dangerous Faggot Tour" ("Die Tour der gefährlichen Schwuchtel"). Hier betrieb er Werbung für Donald Trump, den er als "Daddy" zu bezeichnen pflegte, und wetterte mit Parolen wie "Feminismus ist Krebs" gegen Feminismus, Massenimmigration, Islam und Cancel Culture. Yiannopoulos  Auftritte wurden begleitet von wilden und teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen seinen Anhängern und seinen Gegnern. Er selber bezeichnet sich politisch als libertär und als "Fundamentalisten für die freie Rede". Eine seriöse Selbsteinschätzung? Immerhin war Milo auch schon mal Redakteur bei der rabiat rechtspopulistischen Nachrichtenwebsite "Breitbart".

Bei so viel Affront ließ sein Absturz nicht lange auf sich warten. Yiannopoulos  Haltung gegenüber sexuellem Missbrauch von Minderjährigen durch Homosexuelle wirkt nämlich, wenn man seine Reflexionen dazu prüft, ambivalent. Milo, der als 14-Jähriger sexuellen Kontakt mit einem 29-jährigen Priester hatte, möchte nicht als Opfer wahrgenommen werden. "Ich bemitleide mich nicht für das, was mir passierte. Gefährlich wird es, wenn diese Erfahrung anfängt, dein Leben zu beherrschen", so Milo. Andererseits ist er davon überzeugt, dass es eine gängige Praxis sei, wenn sich ein älterer schwuler Mann einem jüngeren Schwulen, der sich von seinem familiären Umfeld oft nicht verstanden fühle, deshalb sogar Selbstmordgedanken habe, annehme und ihm helfe, seine Identität zu finden.

Diese Aussagen gingen selbst den ultrakonservativen Kreisen, die das Enfant terrible bis dato unterstützt hatten, zu weit. Sein Auftritt bei einer großen Konferenz  erzkonservativer Aktivisten wurde gestrichen sowie ein hochdotierter Buchvertrag eines Verlags zurückgezogen. Milo selber kündigte seine Stelle bei "Breitbart" wegen seiner kontroversen Äußerungen, für die er sich in einer Pressekonferenz entschuldigte und meinte, er habe keine Missbrauchsopfer damit verletzen oder ihre schmerzhaften Erfahrungen leugnen wollen. Nur: warum hatte er dann gesagt, was er gesagt hatte? Um aufzufallen um jeden Preis?

„Milo ist jetzt definitiv auf der Liste derer, mit denen niemand,
der sozial anerkannt ist, jemals sprechen sollte.“

Milo Yiannopoulus als einen oberflächlichen, Parolen durch die Luft schleudernden Narzissten abzustempeln, dem nur daran liegt, im Mittelpunkt zu stehen und für Unterhaltung zu sorgen, würde ihm aber wohl auch nicht gerecht werden. In den ausführlichen Interviews, die er mit Intellektuellen führt, die sich von seinen Widersprüchen und seiner Zerrissenheit nicht abschrecken lassen, wirkt Milo durchaus nachdenklich. Er gewährt Einblicke in sein Denken. Niemand Geringerer als der kanadische Star-Psychologe Jordan Peterson ("12 Rules for Life") führte 2019 ein fast zweistündiges Gespräch mit Milo, das auf YouTube unter dem Titel "Forbidden Conversation" abzurufen ist. Was ist der Grund von Petersons Faszination für Yiannopoulos? "Milo ist jetzt definitiv auf der Liste derer, mit denen niemand, der sozial anerkannt ist, jemals sprechen sollte. Ich möchte von ihm persönlich hören, was mit ihm in den vergangenen Jahren passiert ist, und es ist mir egal, ob das politisch inkorrekt ist", äußerte sich der Bestseller-Autor. Peterson vergleicht den Rebell mit einem Hofnarren, den keiner wirklich ernst nehme, der aber auf Ist-Zustände hinweist, die in Wahrheit jedem bewusst seien, aber keiner auszusprechen wage.

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Fest steht: Der Brite, der nach der Scheidung seiner Eltern bei seiner Großmutter aufwuchs, deren Nachnamen er auch annahm, kann pointiert provozierend über seinen katholischen Glauben und die Kirche reden. Immerhin begann er seine journalistische Karriere, ganz brav, bei dem britischen Magazin "Catholic Herald". Gegenüber Peterson sagte Milo: "Das größte Problem der Kirche unserer Tage ist, dass sie die Augen vor der Sünde verschließt." Milo findet nicht, dass solch ein Satz kontrovers ist. Der Brite glaubt nämlich, dass das Ausleben der Homosexualität laut der kirchlichen Lehre eine Sünde sei. "Ich kann mit den Spannungen leben", so Milo.

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Das große Ringen

Im Jahr 2019 stand das katholische Enfant terrible nicht nur dem Psychologen, sondern auch Michael Voris, dem Moderator des traditionalistischen Medienportals  "Church Militant" Rede und Antwort. Der 59-jährige Voris zeigte für den 36-jährigen Milo auffallend viel Verständnis. Kein Wunder: Voris kennt die inneren Kämpfe eines homosexuellen Katholiken aus eigener Erfahrung.  Als der Moderator sich 2004 bekehrte, beschloss er, von nun an einen enthaltsamen Lebensstil zu führen. In dem Interview fordert Voris Milo heraus, einem Leben in Keuschheit eine Chance zu geben. Wie reagiert Milo? Wütend? Versucht er, das Thema zu wechseln? Mitnichten. Ernst und nachdenklich gibt er zur Antwort: "Ich weiß, dass ein keusches Leben das Richtige wäre, aber ich bin einfach noch nicht soweit. Es ist eine Entscheidung, mit der ich weiterhin ringen muss."

Es ist vermutlich sein Partner John, wegen dem eine Entscheidung keine leichte ist. Milo meint, dass John es geschafft habe, sein Herz für die Liebe zu öffnen und ihn fähig gemacht habe, den Glauben tiefer zu leben. Er bezeichnet seinen Partner als "Kraftquelle", durch den er die Energie bekomme, etwas Gutes für diese Welt zu tun. In dem Gespräch mit Voris schlussfolgerte Milo Yiannopoulos, dass er die Entscheidung, seinen Partner zu verlassen, um enthaltsam zu leben, derzeit mit einem "Nein" beantworte.

Es wird nicht immer leicht sein

Offenbar hat sich diese Einstellung geändert. Gegenüber "LifeSite" bekennt Milo, nun seit 250 Tagen ein keusches Leben zu führen   nur einmal sei er "gefallen", wie er erzählt. "In Wahrheit habe ich mich in dem schwulen Lebensstil nie ganz zu Hause gefühlt."

In dem LifeSite-Interview sagt Milo auch, dass es nicht immer leicht sei, keusch zu leben. Doch, so Milo, "unser Herr" habe Schlimmeres als jeder Mensch durchlitten und versprochen, dass auch diejenigen, die Ihm nachfolgen, ihr Kreuz auf sich nehmen müssten. "Im Geheimen", so Milo, denke er ja, er sei ein ganz guter Mensch und habe genug Gutes für die Gesellschaft getan. An alle, die so fühlten wie er, hat er jedoch einen Rat: "Check your pride, not your privilege. So oft ist es Eitelkeit oder Selbstzufriedenheit, die dem Annehmen von Christus im Weg stehen. Wenn man das lernt, scheinen schwierige Dinge plötzlich nicht mehr so schwierig zu sein." Sicher lohnt es sich, den Werdegang dieses kontroversen Mannes weiter zu verfolgen. Ob er nun wieder fällt oder nicht.

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