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Deep Fake: Den Bildern ist nicht mehr zu trauen

Gefälschte Bilder zeigen nur zu gern geglaubte Szenen. Sie sind dennoch nichts als plumpe Lügen. Es braucht eine Renaissance der Wahrheit. 
Reface App
Foto: IMAGO/wavemovies (www.imago-images.de) | Gesichter in Videos einzusetzen ist inzwischen eine Kleinigkeit. Die Bildfälschung geht schon mit einer App auf dem Smartphone.

Der ehemalige US- Präsident Donald Trump wird von Polizisten gewaltsam abgeführt. Der russische Präsident geht vor seinem chinesischen Kollegen in die Knie. Das sind die beiden vielleicht prominentesten Opfer von Deep-Fake der jüngeren Zeit. Köpfe prominenter Frauen wurden schon früher mal in Pornofilme hineingeschnitten. Das gefälschte Bild war auch leider zu früheren Zeiten schon beliebtes Mittel der Propaganda in totalitären Staaten. Gerne entfernte man plötzlich ungeliebte Zeitgenossen aus Bildern. Stalins Retuschen waren dem Kunstjournalisten David King sogar ein ganzes Buch wert. Nicht auszudenken, was ein Diktator wie Stalin mit KI-Bildbearbeitung gemacht hätte. 

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Die Versuchung der Lüge 

Das nämlich ist der neueste Clou der Bildfälscherei. Man lässt eine künstliche Intelligenz eine Person oder Teile einer Person, bevorzugt der Kopf oder mindestens das Gesicht, in eine bildliche Darstellung montieren, die den Dargestellten in einer peinlichen oder eben kompromittierenden Situation zeigt. Nur zu gerne sähen manche hier im Westen einen Kniefall von Putin, ganz gleich vor wem. Und darin liegt die Versuchung. Das Bild herzustellen, ist moralisch gesehen eine gewöhnliche Lüge. In der jüdischen wie der christlichen Welt ist das Lügenverbot göttliches Gesetz und hat damit höchste Autorität. Das gilt nicht von ungefähr.

Hier ein Beispiel von gefälschten Bilder auf Twitter: 

 

Die Versuchung der ungeprüften - weil nur zu gerne geglaubten – Verbreitung von Deep-Fake ist ein Medienproblem. Für Medien ergibt sich aus von KI generierten Deep-Fake-Bildern die alte und doch immer neue Verantwortung der sorgfältigen Prüfung. Gerade in Zeiten des Internet, in der Berichterstattung nicht nur schnell sondern zumeist aus der Ferne geschieht, wird die Prüfung der Nachricht auch in Gestalt eines Bildes immer schwerer. Das Agenturbild muss in dieser Zeit eine Bank des Vertrauens werden. Agenturen, die Bilder zur Verfügung stellen, müssen mit ihrem guten Namen für die Echtheit bürgen. Im Umkehrschluss verbietet es sich, Bildern aus sozialen Medien zu vertrauen.

Vertraue niemandem

Dem Leser wie dem Zuschauer ist zu raten, nicht einmal den eigenen Augen zu trauen. Dass es eine solche Bilderkrise ausgerechnet in Zeiten massiver werdender Kritik an öffentlich- rechtlichen Medien wie auch an privaten Medien gibt, macht die Sache nicht einfacher. Der Schritt von Tendenzberichterstattung zu Deep-Fake ist kleiner als man denkt. Das bedeutet unterm Strich nicht weniger als die unbedingte Notwendigkeit einer allgemeinen Qualitätsoffensive in der ganzen Medienwelt. Diese wäre nichts anderes als eine Renaissance der Wahrheit.

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