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Asche zu Asche: Die TAZ wird zur Wochenzeitung

Willkommen im Club, liebe Kollegen – und in den nichtstofflichen Sphären der Onlinepublizistik. Eine Solidaritätsadresse.
Redakteur Henry C. Brinker, taz-Redaktion
Foto: IMAGO / PEMAX / DT | Ein echter Abschied: die gedruckte "taz" als Tageszeitung wird mit dem letzten Erscheinen am heutigen Freitag eingestellt.

Einen aufmüpfig-katholischen Kern hatte die linksgrüne Tageszeitung TAZ schon immer, quasi als a-priori-Bedingung. Mit programmatischem Stolz vertritt das 1978 gegründete Blatt in seiner permanenten Gesellschaftskritik die Forderung des renitenten Jesuiten René Descartes, dass alles zu bezweifeln sei. Dahinter steckt bekanntlich Kirchenvater Augustinus, der nicht nur dem Zweifel, sondern sogar dem Irrtum eine wichtige Vergewisserung im Menschsein abgewinnen konnte.

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Bei Zweifel und Irrtum hat die TAZ, die heute zum letzten Mal in Form der Freitagsausgabe als gedruckte Tageszeitung erscheint, eigentlich immer nur eine Ausnahme gemacht. Die eigene Selbstgewissheit stand nie zur Diskussion. Man steht wie festgewachsen auf der richtigen Seite der Geschichte, den Sozialismus in seinem Lauf halten bekanntlich weder Ochs noch Esel auf, die grüne Variante erst recht nicht.

TAZ und Transzendenz wäre ein abendfüllendes Thema

Es ist an diesem Tag der nostalgischen Trauer vieler Leser und Nichtleser (auch klammheimliche Freude mag es hier und da geben) überflüssig, noch einmal die Gründe für das allgemeine Sterben der gedruckten Tageszeitungen aufzulisten. Die Tagespost hat bereits 2018 die Zeichen der Zeit erkannt und auf wöchentliche Erscheinungsweise und einen lebendigen Online-Auftritt umgestellt. In kollegialer Verbundenheit wäre durchaus ein Austausch im Würzburger Juliusspital bei einigen Bocksbeuteln denkbar, um die TAZ am diesbezüglichen Wissensschatz der Tagespost teilhaben zu lassen. Vielleicht fällt bei dieser Gelegenheit sogar etwas Nachdenken über die Dinge ab, die sich darüber hinaus zwischen Himmel und Erde ereignen, wo das Göttliche das Irdische übersteigt.

Die theologisch Vorgebildeten ahnen es: TAZ und Transzendenz wäre ein abendfüllendes Thema. Denn sieht sich die TAZ auch eher als Teil innerweltlicher Immanenz im Sinne der Aufklärung, so führt gerade das Nachdenken über die stoffliche (Print) und die nichtstoffliche (Online) Seite des Journalismus unweigerlich in spirituelle Sphären. Sagen wir es frei heraus: Tritt nicht gerade in diesem Moment die TAZ durch ihren Abschied vom bedruckten Papier in einen anderen Zustand ein? „Von Erde sind wir genommen, zur Erde müssen wir werden“, wie es bei seltener gewordenen Beerdigungen heißt, oder wörtlich im Alten Testament: „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub“ (1. Mose 3,19.)

Mund abwischen und aufstehen

Die säkular verankerten TAZ-Redakteure mögen versichert sein, dass dieses Zitat aus der biblischen Schöpfungsgeschichte auch hienieden längst durch die großen Propheten der Popkultur beglaubigt wurde, an erster Stelle sei hier David Bowie zitiert, der mit „Ashes to Ashes“ einen Hymnus schrieb. Große Musik zum Niederknien, gerade für Tazianer.

Nicht schwer sollte es der Redaktion ums Herz werden, wenn sie ihr Blatt aus der alten Halle mit den Druckwalzen in den Cyberspace aufsteigen sieht, denn: „Wer Asche hütet, den hat sein Herz getäuscht und betört, sodass er sein Leben nicht erretten und nicht zu sich sagen wird: Ist das nicht Trug, woran meine Rechte sich hält?“ (Jes. 44,20). Also, liebe Kollegen: Mund abwischen und Aufstehen ist jetzt Pflicht, wenn man schon nicht an die Auferstehung glaubt.

(Die letzte Freitagsausgabe der TAZ ist von heute an zwei Wochen in gut sortierten Kiosken zu finden, die TAGESPOST jeden Donnerstag bei Abonnenten im Briefkasten und ansonsten in gut sortierten Bahnhofsbuchhandlungen)

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