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Frankreich streitet um Kirchenfenster von Missbrauchspriester

Der Bürgermeister der südfranzösischen Kleinstadt Givors will Kirchenfenster eines Missbrauchstäters nicht entfernen. Stattdessen soll der Papst entscheiden.
Blick auf die französische Kleinstadt Givors
Foto: dpa | Franziskus soll laut dem Bürgermeister der französischen Kleinstadt Givors entscheiden, ob die Glasfenster in einer örtlichen Kirche bleiben dürfen oder entfernt werden sollen. 

In einem Streit um kunstvoll gestaltete Kirchenfenster eines des Missbrauchs überführten französischen Priesters hat sich der linksgerichtete Politiker und Bürgermeister der südlich von Lyon gelegenen französischen Kleinstadt Givors, Mohamed Boudjellaba an den Papst gewandt. Franziskus soll eine Entscheidung treffen, ob die Glasfenster in einer örtlichen Kirche bleiben dürfen oder entfernt werden sollen. 
Umstritten sind die Kunstwerke aufgrund der pädophilen Taten des als „Picasso der Kirchen“ bekannt gewordenen Priesters Louis Ribes. Dieser hatte eingeräumt, mindestens 49 Kinder missbraucht und vergewaltigt zu haben. Viele der Opfer hatten ihm für Fotografien oder Gemälde zur Verfügung gestanden und dabei des Öfteren auch nackt posiert.

Gemälde und Glasfenster wurden aus vielen Kirchen entfernt

Ribes war 1994 verstorben, ohne gerichtlich für seine Taten verurteilt worden zu sein. In der Folge wurden seine Werke, darunter Gemälde, Fotografien oder Glasfenster, aus vielen Kirchen entfernt. Mohamed Boudjellaba, der linksgerichtete Bürgermeister von Givors, löste nun deshalb eine Kontroverse aus, weil er sich dem Drängen von Missbrauchsopfern widersetzte, die von Ribes gestalteten Fenster zu entfernen. Boudjellaba argumentierte, dass man Kunstwerk und Künstler trennen müsse.

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Um den Streit beizulegen appellierte Boudjellaba nun an den Papst und bat ihn, darüber zu befinden, ob die Fenster an ihrem Platz bleiben oder entfernt werden müssen. Die Gegner des Verbleibs der Bilder zeigten sich durch die Initiative verärgert und warfen dem Bürgermeister vor, durch seine Initiative die Entscheidungsfindung zu verzögern und der Kirche die Kosten für die Anschaffung neuer Fenster ersparen zu wollen.

Retraumatisierung der Opfer?

Luc Gemet, eines der Opfer des Priesters Ribes, wies zudem daraufhin, dass die Kirchenfenster des Missbrauchstäters nicht nur allgemein durch die Taten des Künstlerpriesters ein belastender Anblick für seine Opfer seien, sondern auch durch die gewählten Motive eine Retraumatisierung verursachen würden. Gemet verwies dabei besonders auf ein Bild in der Kirche von Givors, auf dem ein Kind zu sehen ist, das vor einem Priester kniet und das an einen sexuellen Akt erinnere, wie Ribes ihn seinen Opfern zugemutet habe.

Bürgermeister Boudjellaba erkannte in einer Stellungnahme das tiefe Leiden der Opfer uneingeschränkt an, stellte aber auch fest, dass die französische Gesellschaft in der Frage der Werke von Künstlern, die kriminelle Akte begangen haben, tief gespalten sei. Er verglich Louis Ribes mit dem Maler Paul Gauguin, dem Autor André Gide und dem Filmregisseur Roman Polanski, die alle beschuldigt werden, sich an Kindern vergangen zu haben.

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