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„Wir dürfen stolz sein auf unsere Zivilisation!“

Die österreichische Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler gehört zu den Organisatoren der „Alliance for Responsible Citizenship“. Im Interview erklärt sie, wo Herausforderungen für ARC liegen und wie es nun weitergeht.
The Alliance For Responsible Citizenship Conference - Day Two
Foto: Andrew Parsons / Parsons Media (Parsons Media) | Vernetzen sich hier Rechte mit Rechtskatholiken? Gudrun Kugler (ganz links) auf einer Podiumsdiskussion der ARC-Konferenz.

Frau Kugler, was ist die „better story“, die bessere Geschichte, die ARC für die Menschheit entwickeln und umsetzen will?

Wir dürfen stolz sein auf unsere Zivilisation. Mit der Innovationskraft der Menschen können wir sehr wohl gestärkt aus den Krisen unserer Zeit hervorgehen. Wenn der Mensch in erster Linie als Parasit und Bedrohung der Erde gesehen wird, entsteht Weltuntergangsstimmung und die Menschen finden Gründe, keine Kinder zu bekommen. Aber jeder einzelne ist wichtig und kann etwas beitragen. Verantwortung zu übernehmen und Dinge zu verändern macht uns resilient und ist das Abenteuer unseres Lebens. Zur „better story“ gehört es auch, bewährten Wahrheiten zum Durchbruch zu verhelfen, wie die unverzichtbare Rolle der Mütter und Väter. Ein freies Bildungswesen soll fordern und das Beste aus unseren Kindern hervorbringen. Ein schlanker Staat soll sich um seine Kernaufgaben kümmern und Unternehmen, Familien und der Zivilgesellschaft den ihnen gebührenden Platz lassen: Cancel Culture und Einschränkungen von Meinungsfreiheit bringen uns nicht weiter.

Welches Fazit ziehen Sie als Mitglied des ARC-Advisory Boards aus der zweiten ARC-Konferenz? 

Wir freuen uns über die Teilnahme von 4000 handverlesenen Menschen aus 96 Ländern und Millionen von Clicks online. Unser übergeordnetes Ziel ist die Wiederentdeckung, die Erneuerung, ja, die Rekonstruktion der westlichen Zivilisation als Antwort auf die Dekonstruktion der vergangenen Jahrzehnte. Aus dem Feedback nehme ich mit, dass wir für die nächste Konferenz im Juni 2026 Wege finden müssen, um die Teilnehmer selbst verstärkt zu Wort kommen zu lassen. Außerdem überlegen wir gerade, wie wir in den unterschiedlichen Regionen tätig werden können.

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Wie und wo ist ARC seit der letzten Konferenz im November 2023 inhaltlich weitergekommen?

In der Zwischenzeit weht schon ein recht starker Wind der Veränderung. Pessimistische Historiker sprechen von „Aufstieg und Fall“ der Zivilisationen und bezweifeln, dass der Westen eine Zukunft hat. Dagegen könnte man das biblische Konzept von „Exil und Rückkehr“ stellen. David Brooks sprach von „Bruch und Instandsetzung“ zur Weiterentwicklung des Westens. Dafür ist es jetzt Zeit. Wir wollen uns an unsere Wurzeln erinnern, das Gute behalten und den derzeitigen Herausforderungen und Angriffen auf unsere Identität Konzepte der Instandsetzung entgegenhalten: Dabei geben wir den besten Ideen und Innovationen in Bereichen wie Energie und Wirtschaft, Mann und Frau, Familie und Jugend, Bildung und Kunst und so weiter eine Bühne.

Sie selbst haben als Teil des Hauptprogramms eine Panel-Diskussion zum Thema Demografie geleitet. Welche Anregungen nehmen Sie daraus mit, vielleicht auch ganz speziell zum deutschen Sprachraum?

Die Dramatik des demographischen Wandels ist den meisten nicht bewusst: Ohne Zuwanderung halbieren wir uns in zwei Generationen. Das hat Auswirkungen auf alle Lebensbereiche. Einiges müssen wir umstrukturieren – wir werden nicht alle ländlichen Regionen halten können. Einiges können wir abfangen, und zwar durch ein gesamtgesellschaftliches Umdenken, in dem Elternschaft Anerkennung gegeben und Priorität beigemessen wird.

Verdachtsberichterstattung in einer deutschen Kirchenzeitung hat ARC jüngst als „Rechtentreffen“ mit Verbindungen zum Rechtskatholizismus geframt. Was entgegnen Sie auf solche Vorwürfe?

Schockierenderweise kommt dieser Vorwurf von einer katholischen Bistumszeitung. Und damit steht sie recht allein, denn die meisten – auch linksorientiere – Medien berichteten von einem Treffen von „Konservativen“ oder passender von einer Zusammenkunft von nicht-linken Denkern, die nicht in eine Box eingeordnet werden können. Während ARC rund um den Globus als Befreiungsschlag gegen die Dominanz linker Narrative gilt, gibt es in deutschen Bistümern anscheinend noch Ewiggestrige.

Welche Rolle spielt denn das Christentum bei ARC?

ARC ist keine christliche Organisation, ist aber gut besucht von Christen aller Schattierungen. Denn ARC ist von der unverzichtbaren Rolle des Christentums, insbesondere des jüdisch-christlichen Menschenbildes überzeugt, das die westliche Zivilisation hervorgebracht hat. Klassische christliche Tugenden spielen bei ARC eine große Rolle. So wird zum Beispiel die Bedeutung des Verzichts zur Erreichung eines langfristigen Zieles als Herzstück von Gemeinschaft unterstrichen.

Der New York Times-Autor David Brooks hat auf der ARC gewarnt, Donald Trump sei kein Konservativer, sondern einfach nur nicht links. Er hat dafür nicht nur Applaus geerntet. Wie groß sind die Gemeinsamkeiten der ARC-Teilnehmer wirklich? Geht es über „nicht links sein“ hinaus?  

Doch, Brooks bekam Applaus! Die Stärke von ARC liegt genau darin, dass sich die Teilnehmer nicht in ein Lager drängen lassen. Es finden sich Leute mit unterschiedlichen Überzeugungen, die darin eine Schnittmenge finden, dass Weltuntergangsstimmung und Ideologien zu überwinden sind und stattdessen vernünftige Politik – mit Hausverstand – und ein den-Menschen-Zuhören notwendig sind. Aus so einfach klingenden, aber heutzutage nicht selbstverständlichen Übereinstimmungen verschiedener Couleur ergibt sich eine tragfähige Zusammenarbeit.

Aus den USA haben eine Reihe Personen aus dem Trump-Lager teilgenommen. Der neue US-Präsident lässt wenig Zweifel daran, dass die Interessen der USA mit denen Europas in seinen Augen nicht mehr auf einem Blatt stehen. Welche Chancen liegen in diesem Zusammenhang gerade jetzt bei ARC; wo muss man aber vielleicht auch aufpassen, sich nicht für etwas einspannen zu lassen, was am Ende Europa nicht dient?

Die transatlantische Achse ist wichtig für uns – für Amerika und für Europa. Miteinander Reden ist eine Form des Brückenbauens. Die in London aufeinandertreffenden geistigen Ressourcen können gerade jetzt eine konstruktive Antwort auf die von J.D. Vance angesprochenen Fragen bieten. Auch wenn ich mir mehr sicherheitspolitische Themen von Vance in München erwartet hätte, hat er mit seiner Besorgnis über den Umgang mit der Freiheit und den Zustand der Debattenkultur in Europa nicht Unrecht. Darüber sollte man sprechen.

Gudrun Kugler
Foto: privat | Gudrun Kugler ist österreichische Nationalratsabgeordnete von der der ÖVP.

Das internationale Journalistenkollektiv DeSmog hat die Gästeliste der Konferenz geleakt und möchte ARC als Koalition der religiösen Rechten mit der weltweiten Öl- und Gaslobby erscheinen lassen. Dient die Rhetorik der „Rettung der westlichen Zivilisation“ für manche möglicherweise als ein Deckmäntelchen für knallhartes Business?

Öl- und Gastycoons haben sicher andere, viel bequemere Orte, wo sie sich treffen können. Viele der ARC-Teilnehmer erleben in ihrem beruflichen Fortkommen die Auswirkungen der Cancel Culture am eigenen Leib. Da ist es sicher gut, wenn Vernetzung und Zusammenarbeit im Rahmen der unterschiedlichen Initiativen entstehen.

Wie geht es nun mit ARC weiter, speziell in Europa und im deutschsprachigen Raum?

Die Stärke von ARC liegt in der Unterschiedlichkeit der beteiligten Menschen und Initiativen. Es geht nicht um die Marke „ARC“, sondern darum, dass jeder seine Arbeit zuhause besser informiert, tiefgehender und attraktiver, besser vernetzt und mutiger betreibt als vorher. Transformation geschieht in den Herzen der Menschen, deren Initiativen so vielfältig sind, wie die Menschen selbst. Nur so geht die Rekonstruktion unserer Zivilisation. 

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