Der polnische Politologe Arkadius Stempin sieht die Europawahlen im Mai sowohl für die konservative Regierung Polens wie auch für die Opposition als Prüfung vor den nationalen Parlamentswahlen. Die Wahlen zum Europäischen Parlament könnten einen emotionalen Charakter haben, da die Opposition heute in Polen konsolidiert werde und gleichzeitig dem großen Teil der polnischen Wählerschaft der Wahlpreis der Europawahlen bekannt sei, so Stempin im Gespräch mit der „Tagespost“.
Konfrontation zwischen Pro-Brüssel und Anti-EU-Lagern
Das bedeute, dass weder die christdemokratischen noch die sozialdemokratischen Kräfte alleine die Macht ergreifen könnten, sondern auf die Liberalen als dritte Kraft angewiesen seien. „Darüber hinaus wird es zu einer Konfrontation zwischen den Pro-Brüssel- und den Anti-EU-Lagern kommen“, so der Politikwissenschaftler weiter. Die Polarisierung werde daher in Polen während der Europawahlen spürbar sein.
Vor den polnischen Parlamentswahlen, die ein halbes Jahr später stattfinden, erwartet sich Stempin einen brutalen und emotionalen Wahlkampf. Sowohl der Regierung wie auch der Opposition gehe es in erster Linie darum, den Gegner niederzuschlagen, „nicht mit dem Wahlergebnis, sondern moralisch und politisch“. Die Opposition werde mit einem Abrechungsprogramm der Regierungspartei zu punkten versuchen, während das Regierungslager mit der Absicht auftreten werde, die Opposition zu diskreditieren.
Stempin sieht Re-Christianisierung Europas durch die Politik mit Skepsis
Auf die Frage, ob er eine Re-Christianisierung Europas, wie sie sich Polens Premierminister Morawiecki gewünscht hatte, für realistisch halte, antwortet Stempin mit Skepsis. Morawiecki werde an der Spitze des christlichen Europas und an der Spitze der christlichen Politiker keinen Erfolg haben. „Er kann nicht die Aufgabe oder Verantwortung der katholischen Kirche und der christlichen Kirchen übernehmen. Es ist ein zum Scheitern verurteiltes Programm.“
DT
Wie der Politologe Stempin das Pontifikat von Papst Franziskus einschätzt, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 14. März 2019.