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Philosoph Sloterdijk: „Feuer und Aufruhr gehören potentiell zusammen“

Peter Sloterdijk im Gespräch über „politische Monster“, die „Letzte Generation“ und worin er mit Johannes Paul II. übereinstimmt.
Peter Sloterdijk im Gespräch über „politische Monster
Foto: Rolf Vennenbernd (dpa)

Der Philosoph Peter Sloterdijk hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Debatten der Bundesrepublik befeuert. Gegenüber der „Tagespost“ erläutert er, warum sich die Welt derzeit in der Anfangsphase eines Kulturwandels befindet. So betont Sloterdijk: „Wir stehen, wie man allenthalben sieht, in der Anfangsphase eines Kulturwandels, der vom Umfang her dem entsprechen könnte, was aus den modernen Nationen wurde, seit die Buchdruckerkunst ihren Einzug hielt. Man erkannte die Welt seither nicht wieder.“ 

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Er selber, so Sloterdijk, „favorisiere Visionen von künftigen Zuständen, in denen die politischen Monster, die heute als die Hauptakteure am Werk sind, von den Landkarten verschwunden sein werden. Es wird nach einer Weile noch Chinesisches in der Welt geben, aber kein China mehr. Es wird noch Russisches in der Welt geben, Russland jedoch, wie man es kannte, wird verschwunden sein – niemand, außer ein paar reaktionären Ideologen, wird es bedauern.“

Letzte Generation agiert im Bereich der künstlerischen Ausdrucksfreiheit

Angesprochen auf das umstrittene Wirken von „Klimaaktivisten“ macht Sloterdijk gegenüber der „Tagespost“ klar: „Was die Leute von der Letzten Generation tun, ist zwar extrem naiv, gelegentlich lächerlich und für Betroffene ärgerlich, aber es kann noch im Bereich der künstlerischen und zivilen Ausdrucksfreiheit eingeordnet werden. Die Leute sind letztlich Redner in einem pantomimischen und aktionistischen Register. Ihren Gebrauch von störender körperlicher Präsenz sollte man nicht mit dem Gewaltbegriff vermischen. Auch eine Sitzblockade ist ein rhetorisches Gebilde, die Anwesenheit von Körpern an unerwarteter Stelle kann ein Argument sein. Das wissen wir seit der Antike: Körperliche Gesten sind Teile unserer diskursiven Kultur. Allerdings, würden sie wirklich eine Pipeline in die Luft jagen, hätten wir es mit einem völlig anderen Tatbestand zu tun. Doch was die angebliche Notwehr betrifft: Der Begriff ist völlig fehl am Platz, da er eine präsente Gefahr für Leib und Leben impliziert. Die Aktivisten deuten aber auf etwas relativ weit Entferntes hin. Es könnte freilich im späteren Lauf ihres Lebens aktuell werden, oder in dem ihrer Kinder, falls sie noch solche haben wollen.“

Sympathien für Johannes Paul II.

Was die Rettung der Menschheit als Ganzes betrifft, eine Frage, die in diesen apokalyptisch wirkenden Zeiten in der verbrannten Luft zu liegen scheint, offenbart Peter Sloterdijk eine ungewöhnliche metaphysische Allianz: „Ich halte es mit dem heiligen Papst Johannes Paul II., der in einer nicht amtlichen Äußerung gesagt haben soll: ,Hoffen wir, dass die Hölle leer sei‘. Speriamo che l‘inferno sia vuoto. Eine theologisch recht raffinierte Äußerung. Der fromme Papst muss an der Existenz der Hölle festhalten, da ansonsten das katholische Weltgebäude nicht mehr grade stünde, aber die Vorstellung von einer leeren Hölle bringt ein subtiles neues Element ins Spiel. Zieht man die Konsequenzen, würde es bedeuten, dass Origines posthum doch ein Kirchenvater geworden wäre. Seine Lehre von der Wiederherstellung aller Dinge humanisiert Gott noch weit über das Evangelium hinaus…Sie rettet ihn auch vor dem Verdacht, ein schlechter Geschäftsmann gewesen zu sein. Denn eine Schöpfung auf die Beine stellen und dann so viele Geschöpfe unterwegs der Sünde wegen zu verlieren, das macht doch einen metaphysisch fragwürdigen Eindruck.“  DT/mee

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