Während das Land sich von dem Nachbeben der Präsidentschaftswahlen erholt, haben sich die US-Bischöfe in der zweiten Novemberwoche in Baltimore versammelt. Und das Programm war voll: Eine neue Bibelübersetzung und zwei Heiligsprechungsprozesse, eine neue Missionsdirektive für die nächsten drei Jahre und mehrere neue Amtsbesetzungen stehen zur Wahl. Zwischen den Zeilen geht es auch um das Verhältnis der amerikanischen Bischöfe mit dem Papst; eine Beziehung, die in den letzten Jahren immer wieder angespannt war – und um die zweite Trump-Präsidentschaft.
Donnernden Applaus erhielt der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Erzbischof Timothy Broglio, der in seiner Eröffnungsrede erklärte, dass die Bischöfe illegale Einwanderung nicht befürworten, aber gleichzeitig betonte, dass „wir alle von Gott danach gerichtet werden, wie wir jene in Not behandeln, auch den ,Fremden‘“. Der texanische Bischof von El Paso, Mark Seitz, kündigte an, dass die Bischöfe deutlich widersprechen würden, wenn Trumps „Einwanderungsrhetorik“ Realität werden sollte und warnte bei der Präsentation des bischöflichen Migrationskomitees vor „nativistischen und immigranten-feindlichen Haltungen“.
Haltung zum Lebensschutz verbessern
Erzbischof Paul Coakley von Oklahoma stellte die neue Missionsdirektive vor, die – ungewöhnlicherweise – nur ein einziges Ziel hat, nämlich junge und religiös Heimatlose zu erreichen. „Wir wissen, dass eine große Gruppe von US-Amerikanern eine zentrale Morallehre der Kirche nicht akzeptieren“, so Coakley, und verweist als Inspiration auf das „Eucharistic Revival“, die Bewegung, die im Sommer 2024 im „National Eucharistic Congress“ in Indianapolis einem dynamischen und einflussreichen Event gipfelte. In besonderer Weise sollen die bischöflichen Komitees an der Beziehung von jungen und religiös heimatlosen Menschen mit Abtreibung und verwandten Themen arbeiten. Joseph Naumann, Erzbischof von Kansas City bezeichnete die Haltung vieler Menschen zum Lebensschutz, insbesondere der Abtreibung, als „sehr verstörend“.
Im letzten Jahr hatten zahlreiche US-Bischöfe immer wieder auf die Notwendigkeit hingewiesen, religiös Heimatlose zu evangelisieren. Die Konferenz sieht diese Gruppe als Chance, hatte im Oktober 2023 das Pew Research Center in einer Studie herausgefunden, dass 70 Prozent derer, die sich als „nicht religiös“ bezeichnen, trotzdem in irgendeine Form einer höheren Macht glauben und 48 Prozent sich als „spirituell“ bezeichnen. Für Coakley ist die Evangelisierung dieser Gruppe eine Teil des synodalen Prozesses: „Dieser neue Ansatz folgt dem Prozess des Zuhörens und Entscheidens der Synodalität und passt zum Aufruf des Heiligen Vaters, auf die Stimmen jener an den Rändern zu hören.“
Konkret könne die Arbeit der Bischöfe sich zum Beispiel mehr auf die Umwelt konzentrieren, auf Armut oder andere Themen der sozialen Gerechtigkeit, die den Zielgruppen am Herzen liegen, und wo die Kirche bereits große Präsenz zeige. Kardinal Seán O’Malley, emeritierter Erzbischof von Boston, verwies in diesem Rahmen auch auf Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Kindern, auf die Inklusion von Frauen und Themen wie Rassismus. Die Missionsdirektive erhielt eine deutliche Mehrheit mit 225 Ja- und 7 Nein-Stimmen.
Fokus auf Moderation und Kompromiss
Eine Mehrheit fand auch die neue Übersetzung der „New American Bible“, sowie der Heiligsprechungsprozess von Schwester Annella Zervas, einer Benedikinerin, und Gertrude Agnes Barber, einer Laiin, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Schulen für behinderte Kinder gründete. Die neuen Amtsbesetzungen – fünf Komiteevorsitzende und der Schatzmeister – folgen dem Muster der letzten Vollversammlungen; die Konferenz zog erneut eher moderate Bischöfe stärker profilierten Bischöfen progressiver oder konservativer Prägung vor.
Gelassen hielt es die Konferenz im Umgang mit der Forderung der Kardinäle Blase Cupich von Chicago und Robert McElroy von San Diego, ein neues „Synodalitätskomitee“ einzuführen, eine Idee, die die Mehrheit der Bischöfe nicht zu tragen schien. In einem auf beiden Seiten ernüchternden Kompromiss schlug McElroy bei der Konferenz statt eines Komitees die Einrichtung einer weniger wohlfinanzierten und dauerhaften Task-Force für Synodalität vor; ein Vorschlag, der die völlige Zustimmung der Konferenz fand.
Während die Konferenz innerhalb der Tagungsräume eine Missionsdirektive ganz im Sinne von Franziskus‘ synodalen Prinzipien beschloss, Lobreden auf „Dilexit Nos“ hielt und eine kritikfreie Ansprache des apostolischen Nuntius Kardinal Christophe Pierre hörte, machte draußen der in Ungnade gefallene ehemalige Bischof Joseph Strickland wieder einmal Schlagzeilen. Strickland, früher Leiter der Diözese Tyler, war im letzten Jahr seines Amtes enthoben worden, nachdem er die Legitimität des Papstes angegriffen hatte.
Offener Brief an US-Bischöfe
Strickland, der an der Konferenz hätte teilnehmen können, entschied sich stattdessen wie im letzten Jahr dazu, vor den Türen der Tagungsräume mit seinen Unterstützern den Rosenkranz zu beten. Strickland verlas einen offenen Brief, indem er „falsche Botschaften“ anprangerte, die „konstant aus dem Vatikan unter der Leitung von Papst Franziskus fließen“ und die US-Bischöfe dafür kritisierte, „mit keinem Wort vor den geistlichen Gefahren zu warnen“.
Die neue Struktur der Synodalität sei, so Strickland, „vom Teufel inspiriert“ und eine „neue Kirche“, die in keiner Weise katholisch sei. Er beschuldigte den Papst außerdem, die von Christus inkarnierte Wahrheit „nicht zu lieben“. Immer wieder kritisierte er dabei die US-Bischöfe. „Was ich so schwer verstehen kann, ist, dass moderne Apostel, Männer, die als Wächter des Glaubens ordiniert wurden, sich weigern, das anzuerkennen und stattdessen diese tödliche Lüge ignorieren oder sogar unterstützen“, so Strickland. „Jeder Bischof und Kardinal sollte öffentlich und kompromisslos erklären, dass Franziskus nicht länger den katholischen Glauben lehrt.“ DT/sdu
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