Ein Streit innerhalb der äthiopisch-orthodoxen Kirche ist offenbar nach Verhandlungen beigelegt worden. Der in Addis Abeba ausgehandelte Kompromiss zwischen den Konfliktparteien sieht vor, dass alle abtrünnigen Geistlichen innerhalb der äthiopisch-orthodoxen Kirche nun einen Entschuldigungsbrief an die Synode einreichen. Danach sollen sie wieder in der offiziellen Kirche willkommen geheißen werden, die sie im Januar ausgeschlossen hatte. Das geht aus einem Bericht der Deutschen Welle hervor.
Spaltung durch die Regierung
Ob dies das vorläufige Ende eines jahrelangen und bisweilen gewaltsam ausgetragenen Konflikts bedeutet, ist ungewiss. Prinz Asfa-Wossen Asserate, Großneffe des Kaisers Haile Selassie und heute Unternehmensberater und Publizist, spricht gegenüber der „Tagespost“ von einer „temporären Ruhe“. Das eigentliche Problem sei, dass die äthiopische Regierung ihre Ethnisierungspolitik fortsetze. So seien etwa alle Parteien ethnisiert: „Und wo es ethnische Grenzen gibt, gibt es irgendwann auch mal ,ethnische Säuberungen´“. Die Kirche in Äthiopien sei immer für „Einheit in Verschiedenheit und Verschiedenheit in Einheit“ eingetreten. Sie stehe auch für die Einheit des Vielvölkerstaates. Die Regierung dagegen betreibe weiter einen Spaltungsprozess.
Die Spannungen begannen am 22. Januar, als drei orthodoxe Bischöfe die Gründung der so genannten Heiligen Synode von Oromia, Nationen und Nationalitäten verkündeten, die sich zunächst aus 25 Bischöfen zusammensetzte. Alle wurden drei Tage später von der Hauptsynode der Äthiopisch-Orthodoxen Tewahedo-Kirche, der rund 50 Millionen Gläubige im ganzen Land angehören, kurzerhand exkommuniziert. Hinter der Spaltung stand Erzbischof Abune Sawiros, der seine Entscheidung, sich von der Tewahedo-Kirche zu distanzieren, damit begründete, dass die Kirchenleitung nichts unternommen habe, um Gottesdienste in den Stammessprachen anzubieten, was in den letzten Jahren zum Verlust von Millionen von Gläubigen in Oromia und der südlichen Region geführt habe.
Ausbruch von Gewalt
In den vergangenen Wochen war der schon seit Jahren anhaltende Konflikt erneut eskaliert und es gab Gewaltausbrüche mit mehreren Toten in verschiedenen Gegenden des Landes. Oromia ist die Heimat der größten Volksgruppe in Äthiopien. Die Region wird seit Jahren von Unruhen erschüttert. Beobachtern zufolge liegen die Gründe - ähnlich wie im Kirchenstreit - im Unmut über eine Vernachlässigung durch die Zentralregierung. Die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche ist mit schätzungsweise mehr als 50 Millionen Gläubigen das mit Abstand zahlenstärkste Mitglied der Orientalisch-Orthodoxen Kirchenfamilie. Nach eigenen Angaben verfügt sie über etwa 40 000 Gemeinden und 1 500 Klöster. Zugleich ist sie die älteste heute noch existierende christliche Kirche im Subsahara-Afrika, heißt es in einer Dokumentation des Paderborner Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik. DT/chp
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