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„Oben halten wir fest, was unten längst hohl ist“

Corona, Frauenweihe, Sexualität. Über zahlreiche Themen wurde bei den fünf Regionenkonferenzen des Synodalen Wegs diskutiert und gestritten. Wortmeldungen von der Versammlung in Ludwigshafen.
Synodalkonferenz in Ludwgishafen
Foto: Synodaler Weg/Klaus Landry | Frontstellungen gegen das Petrusamt haben heute viele Gesichter.

Die Teilnehmer der Regionenkonferenz in Ludwigshafen erreichten das Heinrich Pesch Haus am Freitagmorgen durch ein Spalier von Protestlern, die auf Plakaten entschiedene Reformen, vor allem Frauen in Führungspositionen und mehr Verantwortung für Laien, forderten. Aber um nichts anderes ging es ja den ganzen Tag, es herrschte Einmütigkeit hierüber drinnen wie draußen. 

Programmpunkt Nummer eins war die Corona-Pandemie,  die vom Großteil der Vortragenden als ein Brandbeschleuniger für die vorliegenden Probleme bezeichnet wurde. Insofern spiele die Krise dem Reformprozess zu. „Vieles ändert sich zwangsläufig. Neue Aufgaben und Rollenverteilungen treten hervor,“ so Irme Stetter-Karp, die zusammen mit Stadtdekan Christian Hermes die Sitzung leitete.

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Neuer Hunger nach Spiritualität

Insbesondere habe es tiefe Einbrüche im Gemeindeleben gegeben. Noch mehr Menschen seien durch Corona verloren gegangen. Gläubige, die früher zum festen Stamm der Gemeinde gehörten. Ein Grund hierfür sei: Durch das virtuelle Angebot von Gottesdiensten in den vergangenen Monaten hätten sich alternative Formen von Messen im Wohnzimmer ohne Priester entwickelt. 

Zwar sei weiterhin eine Sehnsucht nach dem herkömmlichen Ablauf und nach Eucharistie vorhanden, aber eben auch ein „neuer Hunger nach Spiritualität“, wie der Trierer Bischöfe Stephan Ackermann es ausdrückte.

Für den Speyerer Bischöfe Karl-Heinz Wiesemann markiert Corona das definitive Ende einer Ordnung in verschiedene Stände: „Geistliches Amt und sakramentale Struktur müssen nun anders gedacht werden.“ Eine solche Neuausrichtung müsse keinesfalls zum Schaden der Kirche sein, denn diese bekäme hierdurch vielmehr eine immense geistige  Dynamik. 

Bischof Fürst plädiert für weibliche Diakone

Zum Ausschluss der Frauen vom sakramentalen Dienst kam am Nachmittag eine rege Diskussion auf, im Rahmen des „Hearings“ zu „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“. Der Rottenburg-Stuttgarter Bischöfe Gebhard Fürst plädierte klar dafür, zukünftig auch weibliche Diakone einzusetzen: „Das ist eine ganz zentrale Dimension, wo es gar nicht um Macht geht, sondern um den Heilsdienst der Kirche an den Menschen.“ 

Das Weihe-Thema berge, wie es eine Teilnehmerin ausdrückte, am meisten Sprengstoff – aber in dieser Zusammenkunft war vor allem Übereinstimmung zur Veränderung auszumachen. Mit Blick auf Rom und die kontrovers diskutierte Instruktion zu den Pfarrgemeindereformen erklärte der Freiburger Bischöfe Stephan Burger, dass er in seiner Diözese neue pastorale Strukturen unbedingt brauche, um dem Evangelium und seiner Verkündigung gerecht werden zu können. Man versuche, durch die Vorgaben den Bischöfe ein Stück weit ins Gewissen zu reden und ihre Vollmachten infrage zu stellen. Für diese Worte erhielt er Beifall.

Die Gemeindereferentin Sarah Henschke betonte, was für eine Entlastung die Priester durch Abgabe von Aufgaben erfahren würden: „Die haben so viel, was auf ihren Schultern lastet, die können nicht ständig den Kontakt zu den Gläubigen halten, wie sie es früher gemacht haben. Wir könnten das!“

Ein Themenbereich tat sich auf, der bis dato auf dem Synodalen Weg vernachlässigt worden ist. Was Keuschheit, Jungfräulichkeit, zölibatäres Leben betrifft – geht einem dabei jegliche Sexualität ab? 

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Homosexuelle nicht von der Nachfolge Christi ausgeschlossen

Die Geistlichen kommen, so der Einwurf von  Schwester Nicola Maria Schmitt, bei „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ gar nicht vor: „Auch ich bin nicht asexuell, sondern ich bin weiblich. Und deswegen frage ich: Wenn wir diesen Punkt nur auf die Paarbeziehung und die Sexualität reduzieren – liegt darin nicht auch ein Grund, dass wir das Thema Missbrauch nicht richtig bearbeiten?“

Bischöfe Ackermann ergänzt, dass vor allem die biologische und weniger die spirituelle Fruchtbarkeit eine Rolle in dem Papier spiele. Wie sieht es aber mit Frauen aus, die sich zum Priestertum berufen fühlen? Schwester Nicola Maria Schmitt begleitet solche Frauen und gab zu bedenken, dass die Kirche sich herausnimmt solche Menschen auszugrenzen, die Gott zu einer derartigen Aufgabe in ihrem Leben ruft.

Die weiteren Wortmeldungen zeigen, dass ein Umdenken vor allem in Bezug auf Menschen mit einer anderen sexuellen Ausrichtung stattfinden sollte: „In der Kirche gibt es einige Skepsis, ob das sein darf,“ sagte Bischof Fürst. Aber homosexuelle Menschen seien von der Nachfolge Christi nicht ausgeschlossen. Die Realität sei aber – noch – eine andere, widerspricht eine junge Frau. Mit dem Ausschluss von der Eucharistie sei man auch von der Nachfolge Christi ausgeschlossen. Es werde häufig anders gelebt und ein Auge zugedrückt, aber die Regeln seien noch da. 

Deutsche Kraft für weltweiten Paradigmenwechsel

Der Osnabrücker Bischöfe Franz-Josef Bode fasste die Problematik mit den Worten zusammen, durch den Reformprozess müssten konkrete Lösungen gefunden werden: „Es ist so bedrängend, dass wir so etwas Doppeltes haben: Oben halten wir etwas fest und unten drunter ist es längst hohl geworden.“

Aber wie kann das umgesetzt werden und vor allem in Einklang mit Rom geschehen? Selbst einem Nein will Birgit Mock nicht aufgeben und ruft die Bischöfe dazu auf, gemeinsam einen „Plan B“ aufzustellen und den Weg fortzusetzen. „Wir brauchen eine starke deutsche Kraft und ich denke, dass dies auch ein Paradigmenwechsel für die Welt sein wird.“

Lesen Sie ausführliche Hintergründe zu den fünf Regionalkonferenzen des Synodalen Wegs in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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