Norwegische Bischofskonferenz 

Norwegische Bischöfe: „Totalitäre Tendenzen" bei Gesetzesentwurf gegen Konversionstherapie

Der Text würde ohne empirische Basis und mit uneindeutiger Terminologie eine „tendenziöse Anthropologie“ vertreten und die Religionsfreiheit einschränken.
Jonas Gahr Støre
Foto: IMAGO/Beate Oma Dahle (www.imago-images.de) | Der Chef der norwegischen Regierung, Ministerpräsident Jonas Gahr Støre. Aus seiner Regierung stammt der Gesetzesentwurf zur Kriminalisierung von sogenannten „Konversionstherapien“.

Der Gesetztes Entwurf des norwegischen „Amt für Kultur und Gleichheit“ soll sogenannte „Konversiontherapie“ verbieten. In einer harschen  Stellungnahme kritisierten die drei norwegischen Bischöfe den Entwurf erneut.

Vage Terminologie

Der Begriff „Konversionstherapie“ sei in dem Gesetztestext nicht ausreichend klar definiert. Der Gesetzgeber erkenne: „wir haben keine sichere Kenntnis über die Art in der Konversionsthrapie in Norwegen funktioniert’. Laut den Bischöfen sei diese eine „erstaunliche Anerkennung“, da der Text darauf ausgerichtet sei, das durchführen von „Konversionstherapien“ mit sechs Jahren Gefängnis zu bestrafen.

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Weiterhin sei die zu bestrafende „Therapie“ definiert, als eine „Methode, deren Sinn es ist, einen anderen dazu zu bringen seine oder ihre sexuelle Orientierung oder Gender-Identität zu verneinen oder zu unterdrücken, was eindeutig dazu neige Individuen psychologischen Schaden beizufügen.“ Unklar bleibe was genau eine solche Methode alles einschließe.

Einschränkung der freien Entscheidung

„Konversionstherapie“ würde, so der Gesetzesvorschlag, auch strafbar bleiben, wenn der „Patient“ sein Einverständnis für das Anwenden solcher „Methoden“ gegeben haben sollte. Es soll weiterhin nicht zwischen Minderjährigen und Erwachsenen unterschieden werden. In der Einschätzung der Bischöfe beabsichtige das Amt durch diesen Vorschlag, das Recht zu freier Entscheidung per Gesetz abzuschaffen. Auch die Suche von Betroffenen nach Hilfe würde verboten werden. 
Die norwegischen Bischöfe schreiben, es würde „totalitäre Interventionen“ legitimieren, die die Fähigkeit der Bürger einschränke ihr eigenes Leben zu gestalten. 

Tendenziöse Anthropologie

Im Gesetzesentwurf heißt es, dass er das Ziel hat „Personen vor potentiell schädliche Aktionen“ gegen ihre „Entwicklung und Erfahrung von Identität in Beziehung zu sexueller Orientierung und Gender-Identität“ zu schützen. Die Bischöfe würden auf der einen Seite den Wunsch nach dem Schutz der Autonomie unterstützen, aber es auf der anderen Seite problematisch sehen, die „Erfahrung der Identität“ als einzigen definierenden Faktor des Menschseins zu wähnen.
Sie weisen außerdem darauf hin, dass die Wortwahl des „gender affirming“ (Gender-bejahend) unangebracht sei, um Veränderungen an der „körperlichen Identität“/ dem Körper zu beschreiben. Die Norwegischen Bischöfe beschreiben deshalb diesen Entwurf, der Wörter wir „schützen“, „helfen“ und „unterstützen“ aufführt, als „speziell technokratisch und unmenschlich“.

Beschneidung religiöser Freiheiten

Das Amt für Kultur und Gleichheit gebe im Text zu, es handele sich bei dem vorgeschlagenen Gesetz um eine „kleine Verletzung der Religionsfreiheit“. Die Bischöfe würden den Text besonders als Präzedenzfall kritisieren: Es würde „ein Damm“ öffnen. Der Staat würde es an sich nehmen, gegen Schriften Einspruch zu erheben, die von Gläubigen als „Offenbarung“ und „bindende Lehre“ akzeptiert seien.
„Der Fakt, dass ein Amt des Staates sich so unbekümmert über Praktiken ausspricht und sie verbietet, ohne die Fähigkeit zu haben sie zu verstehen, gibt einen weiteren Beweis über die autoritäre Tendenz des Textes.“

Der Gesetzestext befindet sich bis zum Montag dieser Woche in der Phase der Konsultation. Wenn er angenommen werden sollte, sind die Anwendung von, sowie die Werbung für „Konversionstherapie“ mit Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis sechs Jahre zu belegen. DT/jmo

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