Im Beschluss der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten, Gottesdienste bis auf weiteres nicht zu gestatten, spiegelt sich neben gesellschaftlicher Abwertung der Kirche auch Willkür der Politik gegenüber dem Christentum. Das Versammlungsverbot in Gotteshäusern unabhängig von ihrer Größe als „dringend geboten“ zu bezeichnen ist Christen nicht kommunizierbar – zum einen weil der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bereits diskret in die andere Richtung wies, zum anderen, weil Fahrradläden und Frisiersalons für die Gesellschaft nicht relevanter sind als die Kirche.
Christen werden nicht ernst genommen
Auffallend ist, dass es den beiden christlichen Konfessionen trotz ihrer demonstrativen Bereitschaft zur Kooperation mit dem Staat seit Beginn der Krise und ihres überdurchschnittlich sozialen Engagements nicht gelungen ist, ernst genommen zu werden. Religiöse Zusammenkünfte werden unterschiedslos nebeneinander gestellt. Auch mit Blick auf das Signal an die europäischen Nachbarn, das Merkel und die Ministerpräsidenten aussenden, ist es eine Frage der Vernunft, zwischen einer Werktagsmesse mit höchstens zweistelliger Teilnehmerzahl in einer Kathedrale und dem Freitagsgebet in einer gesteckt vollen Moschee zu differenzieren. Kirchenvertreter werden Mühe haben, angesichts dieses Willkürakts gegenüber Christen weiterhin zivilen Gehorsam einzufordern und den Gläubigen Bravsein vor dem Fernseher zu verordnen. Zumal spätestens jetzt der bis dato bei Kirchens verpönte Ansatz spruchreif ist, durch eine größere Zahl von Messfeiern tragfähige Lösungen mit den Ordnungsämtern zu finden.
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