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Italien: „Rückkehr der Religion“

Eine Studie der Universität Mailand stellt fest, dass auch bei weniger religiösen Katholiken das Gebet an Bedeutung gewonnen hat. Papst Franziskus hat bei praktizierenden Katholiken wie auch nicht-religiösen Menschen an Vertrauen gewonnen.
Beten hilft - Studie aus Mailand stellt Zunahme von Religiosität im Italien fest.
Foto: Fabian Strauch (dpa) | Beten hilft - Studie aus Mailand stellt Zunahme von Religiosität im Italien fest.

Eine neue Studie der Universität Mailand vom 22. Mai hat festgestellt, dass die Corona-Krise in Italien zu einer größeren Religiosität in der italienischen Bevölkerung geführt hat. Die Abteilung für Sozial- und Politikwissenschaft führte dazu rund 4.600 Interviews im Zeitraum zwischen dem 20. April und 15. Mai durch. Die Studie ist ein Teil des größeren Projektes „ResPOnsE Covid-19“ über den Umgang der Italiener mit der Corona-Pandemie.

Dabei hat unter allen Katholiken das private Gebet an Bedeutung gewonnen. Das erscheint in der Gruppe der „praktizierenden Katholiken“, die wöchentlich zur Messe gehen, nicht überraschend. Doch auch bei den „irregulären Katholiken“, die weniger als einmal wöchentlich oder nur zu den großen Festen in die Messe gehen, hat das Gebet stark an Bedeutung gewonnen. Die Zahl derer, die in der Corona-Krise beteten, stieg in dieser Gruppe im Vergleich zum Vorzeitraum um 16 Prozentpunkte. 

Livestream ist ein Erfolg

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Ein ähnliches Ergebnis zeigte sich bei den „nominellen Katholiken“, also jener Gruppe, die nie zur Messe geht, sich aber dennoch als katholisch identifiziert. Hier stieg die Zahl derjenigen, die privat beteten, um 11 Prozentpunkte. Nur in der Gruppe der Nicht-Religiösen zeigte Corona so gut wie keinen Effekt. Insgesamt stieg die Zahl der Italiener, die wenigstens einmal pro Woche beteten, von 40 auf 49 Prozent.

Die Frage, ob die Livestream-Angebote ein Erfolg gewesen seien, bejaht die Studie. In der Testgruppe nutzten 33 Prozent die Messangebote per Fernsehen oder Internet; die Zahl jener, die wöchentlich zur Messe gehen, lag jedoch in Prä-Corona-Zeiten bei nur 22 Prozent. Dabei stieg auch die Zahl jener, die mehr als einmal wöchentlich religiöse Internetangebote nutzte.

Mehr Vertrauen in den Papst

Ein weiterer Befund: Italiener aus der Gruppe der Unter-45-Jährigen zeigten ein deutlich erhöhtes Interesse an der Nutzung von religiösen Angeboten, wenn es einen Corona-Fall in der eigenen Familie gab. Während das Nutzungsverhalten der älteren Generation sich vom Stadium vor Corona kaum unterschied, zeigte sich ein deutlicher Zuwachs bei der jüngeren Generation.

Die Studie stellte dabei auch einen Einfluss politischer Ideologie fest. Konservative Wähler von Matteo Salvinis Lega Nord oder Giorgia Melonis Fratelli d’Italia neigten eher dazu, das öffentliche Gottesdienstverbot zu kritisieren, insbesondere, nachdem die Regierung am 26. April das Verbot verlängert hatte. Insgesamt sei das Vertrauen in Papst Franziskus gewachsen; das Vertrauen in Franziskus und das Vertrauen in die Kirche als Institution ginge dabei immer weiter auseinander. Auch hier bilden die Wähler von Salvini und Meloni eine Ausnahme: das Vertrauen in Franziskus ist hier geringer, das Vertrauen in die Kirche dagegen genauso groß wie bei anderen Wählergruppen. 

 

DT/mga

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