Im Moment kann man als Deutscher eigentlich gar nicht genug über die USA wissen wollen. Besonders über die konservative Szene dort. Umso auffälliger ist, dass es im deutschen Sprachraum eigentlich so gut wie keine Veröffentlichungen zu einem Mann gibt, der als Journalist und Publizist diese konservative Szene in der Nachkriegszeit geprägt hat wie kein anderer in den USA: William Buckley jr. In diesen Tagen wäre er 100 Jahre alt geworden. Ein Anlass, auf sein Leben zu schauen.
Aus dem Reigen der konservativen US-Publizisten sticht er schon dadurch hervor, dass er katholisch ist. Und zwar nicht später konvertiert, sondern bereits in eine katholische Familie hineingeboren und in diesem Umfeld aufgewachsen und sozialisiert. Wichtig mit Blick auf den familiären Hintergrund ist ebenfalls: Die Buckleys sind vermögend – das wird später eine Rolle bei der Finanzierung seiner publizistischen Aktivitäten spielen. Als er etwa 1955 die „National Review“ gründete – sie wirbt noch heute für sich als auflagenstärkstes konservatives Magazin in den USA –, bekam er von seinem Vater dafür 100.000 Dollar.
Aber auch im Habitus, den er später kultivierte und der in gewisser Weise auch zu seinem Markenzeichen wurde, merkte man William F. Buckley jr. den Sohn aus „gutem Hause“ an. Er war ein Gentleman. Und auch als Talkshow-Moderator bewies er eine Vorliebe für eine Ausdrucksweise, die einerseits distinguiert wirken konnte, aber gerade deswegen ihre Fans gefunden hat. Es wurde sogar ein Lexikon mit den von ihm besonders gern benutzten Begriffen herausgegeben.
Nicht nur das Was, sondern auch das Wie
Die besondere Leistung Buckleys liegt darin, dass er das, was die Republikanische Partei dann später in der Reagan-Ära werden sollte, vorher vorausgedacht hat. Er machte die „National Review“ zu einem publizistischen Sammelbecken, wo sowohl Konservative im klassischen Sinne wie auch Libertäre veröffentlichten. In gewisser Weise dauert dieses Bündnis bis heute an. Besser gesagt: Der strukturelle Rahmen, in dem sich das amerikanische nicht-linke Lager heute positioniert, ist immer noch durch dieses Bündnis geprägt. Wobei sich schon auch die Frage stellt, inwieweit die Republikanische Partei von heute seinen Vorstellungen entsprechen würde – für die „Grand Old Party“ seiner Zeit wurde Buckley, der Richard Nixon, dann aber eben vor allem Ronald Reagan unterstützt hat, auch nie zum automatischen Parteigänger. Neben dem Bekenntnis zu den christlichen Wurzeln der USA und zum freien Markt war Buckleys publizistisches Werk besonders durch die Auseinandersetzung mit der Sowjetunion im „Kalten Krieg“ geprägt. Der Konflikt wurde dabei von ihm und seinen publizistischen Mitstreitern nicht bloß als eine strategische Auseinandersetzung zweier Großmächte verstanden, sondern als Konfrontation von zwei unterschiedlichen Wertesystemen. Insofern dürfte Buckleys Blick auf das Russland Putins heute anders ausfallen als der von Donald Trump.
Bemerkenswert ist bei diesem Publizisten aber nicht nur das Was, sondern auch das Wie: In seine Talkshow „Firing Line“, die von 1966 bis 1999 lief und damit die am längsten ausgestrahlte Sendung ihrer Art in den USA ist, lud er gerade auch politische Gegner ein. Es galt das Motto: Polemisch, aber eben Debatte. Legendär wurden seine Streitgespräche mit dem linksliberalen Schriftsteller Gore Vidal während des Präsidentschaftswahlkampfes 1968. Vidal bezeichnete ihn dort unter anderem als „Krypto-Nazi“. Es sollte zu einem geflügelten Wort werden.
Bleibt die Frage, warum in Deutschland Buckley bisher so wenig Beachtung geschenkt wird. Sowohl in seinem publizistischen Stil wie von seinen Inhalten her kann er anregend wirken. Eine löbliche Ausnahme bildet die Bibliothek des Konservatismus in Berlin. In der aktuellen „Agenda“, ihrer regelmäßigen Publikation, widmet sie ihm ein lesenswertes Porträt.
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