Kommentar um „5 vor 12“

Die Tradition als Selbstläufer

Wallfahrt kann keine Anmeldungen mehr annehmen. Paris - Chartres erstmals mit 16000 Pilgern.
Chartres Wallfahrt
Foto: Julien Mattia / Le Pictorium (imago stock&people) | Die Wallfahrt von Paris nach Chartres - hier ein Archivbild - meldete dieses Jahr: Wegen Überfüllung keine weiteren Anmeldungen.

Dass eine katholische Jugendwallfahrt wegen Überfüllung keine Pilger mehr mitnehmen kann, klingt nach Fake news oder Glosse. Doch die französische Laienvereinigung „Notre-Dame de Chrétienté“ entschied am Freitag, dass die Kapazitäten für die internationale Pfingstwallfahrt Paris-Chartres angesichts von mehr als 16 000 Anmeldungen erschöpft sind und sie – erstmals in ihrer mehr als 40-jährigen Geschichte – keine weiteren Pilger mehr aufnehmen kann.

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Immer mehr Pilger

Die Erfolgsgeschichte der Wallfahrt ist nicht allein damit zu erklären, dass Pilgern derzeit „en vogue“ ist. Während die etablierten kirchlichen Jugendverbände nördlich der Alpen nicht selten in Resignationsrhetorik und Frustration schwelgen, ziehen das Motto „Tradition, Christentum und Mission“ und der besondere Stil der Pilgerfahrt Paris-Chartres immer mehr junge Gläubige aus dem deutschsprachigen Raum an, denen ihre Zeit zu schade ist für Synodalsitzungen und Strukturdebatten. Drei Tage gemeinsam zu Fuß pilgern, den Rosenkranz zu beten, die alte Messe zu feiern und eucharistische Anbetung zu halten ist ein Beitrag zur Reform der Kirche.

Jeder Teilnehmer kommt als Multiplikator zurück und trägt seine Erfahrungen auch in verweltlichte Kirchenkreise. Die Wallfahrt Paris-Chartres setzt beispielhaft um, was Papst Franziskus am Samstag den Vertretern des Erzbistums Spoleto-Norcia ins Stammbuch schrieb: Es sei Zeit, sich auf das Wesentliche konzentrieren: Gebet, Nächstenliebe und Verkündigung.

Was der Einheit dient

Wer nach der Veröffentlichung des Motu proprio „Traditionis custodes“ befürchtet hatte, die Saat von Papst Benedikt XVI. werde nun in alle Winde zerstreut, hat die jungen Traditionalisten unterschätzt. Ohne Polemik und kirchenpolitische Kampagnen zeigen sie, was der Einheit der Kirche dient: der eigenen Berufung konsequent und ohne Kampfrhetorik folgen. Je offener die synodalgesteuerte Verwirrung in die Gemeinden getragen wird, desto schneller trennen sich Spreu und Weizen. Die Tradition wird zum Selbstläufer in der jungen Generation – und das ist nicht das Verdienst der Traditionalisten, sondern ein Werk des Heiligen Geistes

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