„Wenn man sich wieder bewaffnet, dann müssen die Waffen früher oder später auch genutzt werden“, erklärte der vatikanische Staatssekretär Pietro Parolin am Montag über die verstärkte europäische Wiederbewaffnung. Bei einer interreligiösen Veranstaltung in Rom formulierte er am Rande seinen Unmut über „die Richtung, in die die Dinge“ mit dem Vorhaben „ReArm Europe“ gehen würden, zitiert „Vatican News“.
Parolin sprach bei der ersten Ausgabe der Veranstaltung „Der Tisch zum Ramadan – Iftar“, den die marokkanische Botschaft beim Heiligen Stuhl gemeinsam mit der Organisation MICC (Media International Communication Club) organisiert. Über die Motive seiner Aussage erläuterte er: Der Heilige Stuhl habe sich seit dem Ersten Weltkrieg auf internationaler Ebene stets für eine „allgemeine und kontrollierte Abrüstung“ ausgesprochen.
Für einen möglichen Waffenstillstand in der Ukraine und Russland sei es laut Parolin notwendig, „dass keine Vorbedingungen geschaffen werden, die den Beginn eines Dialogs verhindern“, wo nun beiderseits eine Bereitschaft dazu bestehe. Der Kardinalstaatssekretär hoffe darauf, dass somit ein Verhandlungsprozess beginnen könne, „der das Ende des Krieges herbeiführen und den gerechten und dauerhaften Frieden schaffen kann, den wir uns erhofft haben“.
Papst: Worte entschärfen um Köpfe zu entwaffnen
Derweil hat Papst Franziskus aus dem Gemelli-Krankenhaus einen Brief an den Direktor der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ geschrieben, in dem er dazu aufrief, die Worte zu „entschärfen“, um gleichermaßen „die Köpfe und die Erde zu entwaffnen“. Es bestehe nämlich ein „großer Bedarf an Reflexion, an Gelassenheit, an einem Sinn für Komplexität“, beobachtete der Papst laut Angaben von „Vatican News“. Dazu müsse klargestellt werden, was die „Bedeutung von Worten“ sei: „Es sind niemals nur Worte: Es sind Taten, die ein menschliches Umfeld schaffen. Sie können verbinden oder spalten, der Wahrheit dienen oder sich ihrer bedienen“, so Papst Franziskus.
In dieser Zeit seiner Krankheit erscheine ihm der Krieg „noch absurder“, erklärte der Papst in diesem Antwortschreiben auf den Direktor Luciano Fontana, der ihn auch um eine Neuformulierung des Papstappells für Frieden und Abrüstung gebeten hatte. „Die menschliche Zerbrechlichkeit“ habe „die Kraft, uns klarer zu machen, was Bestand hat und was vergeht, was uns leben lässt und was uns tötet“, bemerkte Franziskus und ergänzte: „Vielleicht ist das der Grund, warum wir so oft dazu neigen, Grenzen zu leugnen und gebrechliche und verletzte Menschen zu meiden: Sie haben die Kraft, die Richtung in Frage zu stellen, für die wir uns entschieden haben, als Einzelne und als Gemeinschaft“.
Daher bräuchte es für „die Diplomatie und internationale Organisationen neues Blut und Glaubwürdigkeit“, um auch die Religionen als Friedensstifter ins Spiel zu bringen. Diese Stütze der Spiritualität könne dabei helfen, dass Krieg nicht nur „Gemeinschaften und die Umwelt“ zerstören, „ohne Lösungen für Konflikte zu bieten“. In seinem auf den 14. März datierten Brief betonte der Papst auch den „Wunsch nach Geschwisterlichkeit und Gerechtigkeit und die Hoffnung auf Frieden wieder zu entfachen“.
Die Situation des Papstes bedenken
Parolin, der Papst Franziskus bereits zweimal im Gemelli-Klinikum besucht hat, kam am Montag auch auf die Möglichkeit eines Papstrücktritts zu sprechen. Auf die Frage, ob er dies mit Franziskus diskutiert habe, antwortete er kategorisch: „Absolut nicht.“ Sein Zustand habe sich zwischen den Besuchen eher verbessert, auch wenn dies „nur eine Bewertung eines Außenstehenden“ sei. Konkret sei nur auf die ärztlichen Bulletins über den Zustand des Papstes Verlass.
Tiefergehende Gespräche seien zwischen dem Papst und seinem Staatssekretär trotzdem kaum möglich gewesen: „Man muss die Situation des Papstes bedenken, wir stellen ihm die Themen und die Probleme vor, die einer Lösung bedürfen, und der Papst gibt seine Hinweise“, erklärte Parolin. (DT/jmo)
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