Nach der verunglückten Video-Konferenz, bei der Papst Franziskus und der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill Gundjajev am 16. März 2022 aneinander vorbeiredeten und dann von Moskau und Rom widersprüchliche Informationen gestreut wurden, herrschte zunächst ökumenische Eiszeit. Im Vatikan war man über die Moskauer Darstellung des Gesprächs verschnupft – in Moskau umgekehrt über die vatikanischen Richtigstellungen. Die Beziehungen seien „praktisch eingefroren“, urteilte das Moskauer Patriarchat.
Die jüngsten Spitzenbegegnungen sind bemerkenswert
Umso bemerkenswerter sind die jüngsten Spitzenbegegnungen: Am Rande seiner Ungarn-Reise empfing Papst Franziskus am Samstag den langjährigen Außenamtschef der russischen Orthodoxie, den einflussreichen Metropolit Hilarion Alfejew, zu einer 20minütigen Unterredung in der Nuntiatur in Budapest. Drei Tage später, also am Dienstag, traf Hilarions Nachfolger, Metropolit Antonius Sevrjuk, im Vatikan mit dem neuen Präfekten des Dikasteriums für die Ostkirchen, Erzbischof Claudio Gugerotti, zusammen. Nach der Generalaudienz am Mittwoch begrüßte der Papst selbst den Außenamstchef des Moskauer Patriarchats in Rom; es kam zu einem kurzen Gespräch und dem üblichen Austausch von Geschenken.
Anders als bei der Video-Konferenz vom 16. März 2022 begnügte sich das Moskauer Patriarchat diesmal mit einer eher nüchternen, deeskalierenden Darstellung beider Begegnungen. Zum Treffen ihres Außenamtschefs in Rom teilte die russische Orthodoxie lediglich mit, dass Außenamtschef Antonius und Erzbischof Gugerotti „eine breite Palette von Themen von gemeinsamem Interesse“ diskutiert und „unvergessliche Geschenke“ ausgetauscht hätten.
Ähnlich nüchtern die Moskauer Darstellung des Gesprächs zwischen Metropolit Hilarion und Papst Franziskus: Ersterer habe dem Papst „über das Leben der Diözese Budapest-Ungarn des Moskauer Patriarchats, über ihre sozialen und pädagogischen Aktivitäten sowie über ihre Zusammenarbeit mit der Erzdiözese Esztergom-Budapest der römisch-katholischen Kirche“ berichtet. Sodann habe Hilarion dem Papst vier Bände seiner sechsbändigen Monographie „Jesus Christus. Leben und Lehre“ überreicht. Laut Hilarion handelte es sich um eine private Begegnung. Vom Krieg in der Ukraine war in beiden Erklärungen aus Moskau keine Rede. DT/sba
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