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„Hätte mir gewünscht, dass sie weiterhin mitarbeiten“

Jede Frau, die aus dem Synodalen Weg aussteigt, sei ein Verlust, meint die DBK-Generalsekretärin Beate Gilles im Gespräch. Synodalität erlebe man nur, wenn man sie auch praktiziert.
DBK-Generalsekretärin Beate Gilles
Foto: Nicolas Armer (dpa) | "Für die Frage, was die Synodalversammlung als Gremium leisten kann, ist der Punkt nicht, wer gerade Mitglied ist", so Beate Gilles.

Frau Dr. Gilles, bei der Pressekonferenz zum Auftakt der Frühjahrsvollversammlung entstand der Eindruck, dass die Plätze der vier kürzlich ausgeschiedenen weiblichen Mitglieder der Synodalversammlung neu vergeben würden. Woran ist eine Nachbesetzung gescheitert?

Das ist eine Entscheidung der Bischofskonferenzen gewesen. Der Vorsitzende hat in der Abschlusspressekonferenz gesagt, dass darüber abgestimmt wurde. Er hatte mehrere Optionen vorbereitet. Es gab im Vorfeld wegen der Kürze der Zeit dazu keine Klärungsmöglichkeit. Die Satzung sieht vor, dass das Gremium, das ein Mitglied berufen hat, nachbenennt, wenn jemand ausscheidet. Die Bischofskonferenzen und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken können der Satzung zufolge jeweils bis zu zehn Mitglieder der Synodalversammlung besetzen. Beide Institutionen haben sich ursprünglich dazu entschieden, diese zehn Plätze auszufüllen. Da die Satzung vorsieht, dass die Bischofskonferenzen bis zu zehn Plätze besetzen kann, hat die Bischofskonferenzen satzungskonform gehandelt.  

Als der Synodale Weg 2020 begann, gab es einen Konsens darüber, dass Frauen das zentrale Thema sein sollten. Daher ist es für viele ernüchternd, dass nun vier hochqualifizierte Frauen, die finanziell unabhängig von der Bischofskonferenz sind, ausgestiegen sind, weil sie sich nicht ernst genommen und ausgegrenzt fühlen. Würden Sie eine Aussprache zu diesem Punkt bei der fünften Synodalversammlung befürworten?

Es sind im Laufe der Zeit immer wieder Mitglieder ausgestiegen. Es gab aber nie eine Personaldebatte dazu und das ist auch jetzt nicht der Fall. Es gilt schlicht und ergreifend zu respektieren, dass diese vier Personen entschieden haben, ihr Mandat niederzulegen. Eine Diskussion in Abwesenheit fände ich extrem schwierig. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass sie weiterhin mitarbeiten.

"Es sind im Laufe der Zeit immer wieder Mitglieder
ausgestiegen. Es gab aber nie eine Personaldebatte
dazu und das ist auch jetzt nicht der Fall"

Aber ein Problem – und das macht die vier Frauen auch nicht vergleichbar mit Delegierten, die aus anderen Gründen ausgeschieden sind – war, dass sie ihrer Mitarbeit keinen Sinn mehr abgewinnen konnten, weil sie nicht gehört worden waren. Sehen Sie keinen Redebedarf über das Phänomen als solches?

Ich kann den großen Unterschied nicht teilen und es ist hier auch noch einmal der Auftrag der Synodalversammlung zu beachten. Es gibt immer am Anfang eine Aussprache über die allgemeine Situation, da wäre der Ort gewesen. Die Synodalen haben einen Auftrag, und die Tagesordnung ist davon geprägt, dass Themen bearbeitet werden. Für die Frage, was die Synodalversammlung als Gremium leisten kann, ist der Punkt nicht, wer gerade Mitglied ist. Ich weiß jetzt auch nicht, welche anderen Gründe die vier hatten. Und nochmals: Ich hätte es begrüßt, wenn sie da wären. Denn wir haben in der Satzung den Passus, dass Frauen auf Antrag eigens abstimmen können. Das ist sehr wichtig. Daher ist jede Frau, die aus der Synodalversammlung herausgeht, ein großer Verlust.

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Wenn Sie die am 22. Februar veröffentlichte „Abschiedserklärung“ anschauen, müsste zumindest ein Punkt für Theologen auch in Abwesenheit der vier Frauen für die Synodalversammlung erheblich sein: „Es wurde nicht geklärt, was ein valides theologisches Argument sein kann“ heißt es im Text. Dieser Punkt ist doch für Wissenschaftler durchaus ernst zu nehmen?

Ja, natürlich, das ist ganz wichtig. Aber ich teile diese Einschätzung in keiner Weise. Der Synodale Weg macht keine Lehraussagen. Der Orientierungstext reflektiert aber die Frage, was die Basis der Überlegungen ist, auf einem theologisch hohen Niveau. Der Text ist von der Synodalversammlung angenommen, und damit ist die hermeneutische Grundlegung gelegt.

Stichwort Weltkirche: Wie geht es nun weiter?

Ich durfte in Prag dabei sein. Es war ein großes Geschenk, das miterleben zu dürfen und fand es sehr spannend, dort eine große Vielfalt – gerade auch in den Zugängen zu den Themen – zu erfahren. Es war nicht die Frage, wo jemand herkommt – ist er Bischöfe, ein Verantwortlicher in einem Bistum oder ein Ehrenamtler – und so zeigte sich eine große Spannbreite und zugleich Augenhöhe im Miteinander der Gespräche. Ich fand es sehr eindrücklich, wenn ein Bischöfe erzählt, wie er als Familienvater seine Kirche prägt und welche Herausforderungen das mit sich bringt. Unsere katholische Kirche ist jetzt schon so breit und weit, dass wir viele Modelle haben. Was die Situation der katholischen Kirche in Deutschland angeht, haben wir natürlich die römisch-katholische Perspektive und Tradition erlebt. Das ist ja der Reichtum. In Prag habe ich auch viele interessante Frauen getroffen und bin mit ihnen ins Gespräch gekommen. Die Themen, die beim Synodalen Weg in Deutschland anstehen, werden auch in anderen Ortskirchen geteilt. Dass die Dinge in Prag nicht vertieft worden sind, lag auch an der Gesprächsführung. Es wurden eher Überschriften gesammelt. Ich bin gespannt, was nun kommt. Bei anderen Synoden war ich manchmal erstaunt, dass aus anderen Ländern immer wieder ganz andere Themen gesetzt wurden.

"Dass die Dinge in Prag nicht vertieft worden sind,
lag auch an der Gesprächsführung.
Es wurden eher Überschriften gesammelt"

Welche zum Beispiel?

Die Thematisierung polygamer Beziehungen in der katholischen Kirche Afrikas war für mich zum Beispiel eine große Überraschung bei der Familiensynode. Das zeigt die Kulturgebundenheit von Themen; es gibt zum Teil große Unterschiede, manchmal aber auch große Ähnlichkeiten. Nach Prag ist für mich die Frage, wie nun Synodalität durchgespielt wird. Dort ist deutlich geworden, dass man Synodalität nur erlebt, wenn man Synodalität auch praktiziert.

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