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Der Weinstock ist ein Bild für die Kirche

Wie wir mit Jesu Hilfe zu guten Reben im Weinstock des Herrn werden, schildert Margarete Strauss.
Weinstock
Foto: Pixabay | Jesus ist der Weinstock und wir sind die Reben.

Der ideale Mensch von heute – homo faber oder mittlerweile homo digitalis – zeichnet sich durch Effizienz und Produktivität aus, an sich eine Tugend. Jesus nennt dies wiederholt „Frucht bringen“, betont aber zugleich, dass dies nicht ausschließlich aus eigener Kraft geschehen sollte, so auch in seiner zweiten Abschiedsrede im Anschluss an das letzte Abendmahl (Johannes 15).

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In dem Abschnitt geht es um das Bildwort von Weinstock und Reben, ein traditionsreiches Bild, das die Propheten des Alten Testaments bereits aufgreifen (Hos 10; Jer 2; Ez 19; Ps 80 uvm.). Es scheint kein Zufall, dass Jesus im Kontext des letzten Abendmahls ausgerechnet den Weinstock als eucharistisches Bild verwendet.

Wir sind die Reben

Jesus sagt, dass er der Weinstock und der Vater der Winzer sei. An diesem Weinstock hängen Reben und der Vater schaut sie durch. Er pflegt den Weinstock und schneidet faule Reben ab. Die guten Reben werden gereinigt, um noch besser zu wachsen. Jesus verdeutlicht, dass die Apostel solche Reben sind. Der Vater reinigt auch sie, damit sie wachsen. Er schneidet sie ab, wenn sie verfault sind oder keine Frucht bringen. Wenn sie dagegen in ihm bleiben und er in ihnen, sind sie fruchtbare Reben am Weinstock.

Das ist ein kraftvolles Bild, das das Leben der Kirche und das des einzelnen Christen zusammenfasst: Wenn die Kirche nicht die Gemeinschaft von Reben am Weinstock Jesu Christi ist, hört sie auf, Kirche zu sein. Diese innige Verbundenheit mit Christus erhält sie vor allem durch die Eucharistie aufrecht. So ist Christus inmitten seiner Kirche, wie er versprochen hat (Mt 28,20).

Verbunden mit Gott

Das Bildwort hat auch auf moralischer Ebene Tradition (Sir 24,17): Der Rabbi wird als Prototyp des gebildeten Frommen mit einem Weinstock verglichen. Ohne die Verbundenheit mit Gott bleibt der Mensch in seinem persönlichen Lebenswandel ohne Segen. Er hat nicht die notwendigen Ressourcen, etwas Beständiges zu erreichen und ein Leben in Fülle zu führen.

Jesus formuliert sogar ganz drastisch, dass der Mensch ohne ihn gar nichts erreicht (Joh 15,5). Dagegen übersteigt der Mensch mit Gottes Gnade seine Möglichkeiten und trägt Früchte, die er nicht für möglich gehalten hätte. Verbunden mit dem Weinstock werden auch die Gebete Früchte tragen (Joh 15,7).

In Jesus bleiben

Wer nicht in Jesus bleibt, wird abgeschnitten, verdorrt und wird ins Feuer geworfen. Das ist ein Gerichtswort wie auch beim Propheten Ezechiel (Ez 15; 17,1-10; 19,10-14). Gott wird die freie Entscheidung des Menschen ernst nehmen und Konsequenzen ziehen.

Wenn wir den Eindruck haben, dass wir keine Früchte bringen, sollten wir uns heute fragen: Ist Christus noch die Mitte – die Mitte unseres Lebens und der Kirche?

Text unter der Lupe

Apostelgeschichte 9,26-31
1 Johannes 3,18-24
Johannes 15,1-8
Zu den Lesungen des 5. Sonntags der Osterzeit 2024 (Lesejahr B).

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Themen & Autoren
Margarete Strauss Apostelgeschichte Jesus Christus Kirchen und Hauptorganisationen einzelner Religionen

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