Am 9. September 2012 wurde im Randgebiet der Stadt Qaraghandy die Kathedrale Unserer Lieben Frau von Fatima Mutter aller Nationen, die größte katholische Kirche in Zentralasien, eingeweiht. Hier in der kasachischen Steppe befanden sich zu sowjetischer Zeit Zwangsarbeitslager, berüchtigte Gulags, in denen zahllose Menschen unter unwürdigen Bedingungen ums Leben kamen. Einer von ihnen war der Priester Oleksa Zaryckyj, der sich trotz Überwachung durch den Geheimdienst jahrelang dem stalinistischen Regime widersetzt hatte, um die Gläubigen aufzusuchen, mit ihnen die heilige Messe zu feiern und die Sakramente zu spenden. Er wurde am 27. Juni 2001 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Sein Gedenktag ist der 30. Oktober.
Oleksa Zaryckyj wurde am 17. Oktober 1912 in dem Dorf Bilce bei Lemberg, dem heutigen Lwiw in der Ukraine, geboren. Er wurde am 1. Juni 1936 zum Priester für die Großerzdiözese Lemberg geweiht und übernahm anschließend den Pfarrdienst in verschiedenen Dörfern. Er gehörte dem östlichen Ritus an, lernte aber auch die lateinische Messe und zelebrierte für Gläubige östlicher und westlicher Tradition.
Für den Glauben der Väter einstehen
1939 erfolgte die Machtübernahme durch die Sowjetunion, die Verbreitung des Glaubens wurde verboten. Zaryckyj zog sich in das Dorf Rjasna Ruska bei Lemberg zurück, von wo aus er die Gläubigen betreute. Den ihm nahegelegten Übertritt zur Orthodoxie lehnte er ab mit dem Worten: „Mich vom Papst zu trennen, würde bedeuten, das Evangelium Christi zu verraten“. Auch die Gläubigen ermahnte er: „Verratet nie den Glauben unserer Väter.“ 1946 wurde er verhaftet und ein halbes Jahr im Gefängnis von Solotschiw inhaftiert. Anschließend transportierte man ihn in das Lonski-Gefängnis in Lemberg, wo er langen Verhören und brutaler Folter ausgesetzt war; er wurde mit Teer übergossen und musste in eiskaltem Wasser ausharren.
Am 29. Mai 1948 erfolgte das Urteil: acht Jahre Zwangsarbeit in sibirischen Lagern zur politischen Umerziehung. Er kam zunächst in das Lager von Taischet in der Oblast Irkutsk, wo die Gefangenen beim Eisenbahnbau eingesetzt wurden. Für die Schienenschwellen wurden Bäume gefällt und geschnitten; auch Zaryckyj wurde zu diesen schweren körperlichen Arbeiten herangezogen. Von hier aus wurde er in das Lager Dubrawlag verlegt, wo er für die dortigen Industriebetriebe ebenfalls schwere Arbeiten verrichten musste. Seine letzte Station in Sibirien war das Lager von Omsk, einer gegenüber dem Ausland streng abgeschirmten Stadt, das Zentrum der sowjetischen Rüstungsindustrie. Am 10. April 1956 wurde Zaryckyj aus der Lagerhaft entlassen.
Ermutigung, mit Christus zu leiden
In den folgenden Jahren war er wieder als Priester im Untergrund tätig, wobei er häufig den Aufenthaltsort wechselte, immer unter der Gefahr, erneut verhaftet zu werden. Die Ordensschwester Anastasia Blum sagte später: „1961, ich war damals 21 Jahre alt, begegnete ich Pater Oleksa zum ersten Mal. Er war der erste junge Priester, den ich sah, und er beeindruckte mich wegen seiner Freude, seines fröhlichen Wesens und seines ruhigen Lächelns. All das war neu für mich, denn die Priester, die ich bis dahin kennengelernt hatte, waren von der Verfolgung und vom Leiden gezeichnet.“
Weiter bezeugte sie: „Er sprach nie über sich, über die schrecklichen Jahre in der Gefangenschaft und über die Folter, die er erlitten hatte. Man hätte nie gedacht, dass er so viele körperliche und seelische Qualen erlitten hatte und auch damals unter starken Bauchschmerzen litt. Er wurde ständig beobachtet und verfolgt. All das brachte er dem Herrn dar und ermutigte auch uns, zu leiden und unsere Armut und unsere Prüfungen mit dem Leiden Jesu zu vereinen. Überall, wohin er ging, trug er stets das Allerheiligste bei sich, um den Kranken und Sterbenden die Kommunion spenden zu können, nachdem er ihnen die Beichte abgenommen hatte.“
Am 9. Mai 1962 wurde Oleksa Zaryckyj erneut festgenommen und wegen „Landstreicherei“ zu zwei Jahren Haft verurteilt; er kam in den Gulag Dolynka. Wegen einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung ins Lagerspital eingeliefert, starb er dort am 30. Oktober 1963, kurz nach seinem 51. Geburtstag. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof von Rjasna Ruska.
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