Peter Bringmann-Henselder, Sprecher des Betroffenenbeirates im Erzbistum Köln, kritisiert in einer Stellungnahme sowohl einzelne Aussagen als auch das Verhalten von Reinhard Kardinal Marx im Rahmen der am Donnerstag stattgefundenen Pressekonferenz des Erzbistums München und Freising zum Missbrauchsgutachten.
Schöne Worte – wenig Folgen
Es seien „alles wohlgesetzte und sicherlich in vielen Punkten auch wohlgemeinte Worte“ gewesen, sagte Bringmann-Henselder mit Blick auf die Aussagen des Münchener Erzbischofs, der sich bezüglich des Gutachtens der Münchener Anwaltskanzlei WSW erschüttert zeigte. Doch so manchem Wort des Kardinals seien bereits im Vorfeld der Pressekonferenz Taten gefolgt, die aus Sicht des Kölner Betroffenenbeirates nur schwer miteinander in Einklang zu bringen seien:
Beispielsweise die Abwesenheit des Kardinals bei der Präsentations-Pressekonferenz des Münchner Gutachtens. „Seine Erklärung, er habe der Präsentation genügend Raum geben wollen, es seien aus der Bistumsleitung der Generalvikar und die Amtschefin dagewesen, steht in krassem Widerspruch zu seiner Aussage an anderer Stelle, dass das Ganze Chefsache sei“, heißt es in der Stellungnahme.
„Offensichtlich“, so der Kölner Betroffenenbeirat, „war ihm vor der Veröffentlichung nicht wohl bei der Sache, denn anders kann man sich sein Verhalten nicht erklären.“ Wenn Marx dann noch anfüge, dass es ihm leidtue, wenn er durch sein Fernbleiben von der Präsentations-Pressekonferenz Gefühle von Betroffenen verletzt habe, „dann war ihm diese Gefühlsverletzung doch bewusst und genau das ist ein Rückfall in das alte Muster, in dem die Betroffenen eben nicht an erster Stelle stehen“, heißt es weiter. „Wichtig war wieder mal nur, dass er selbst nicht in schlechtem Licht dasteht“, urteilt Bringmann-Henselder.
Warten auf Konsequenzen
Auch seien mit Ausnahme des angekündigten Rückzugs von Offizial Lorenz Wolf von allen Ämtern personelle Konsequenzen auf der Pressekonferenz Fehlanzeige gewesen, sagt der Kölner Betroffenenbeirat. „Für sich selbst hält er ein erneutes Rücktrittsgesuch zum derzeitigen Zeitpunkt für nicht richtig, denn das sehe so aus, als würde er sich aus dem Staub machen“, so Bringmann-Henselder: „Dieser seiner Selbsteinschätzung kann man nur zustimmen, da wir ohnehin der Auffassung sind, dass die Bischöfe ihren Saustall selbst ausmisten sollen.“
Außerdem fordert der Kölner Betroffenenbeirat die vollständige Veröffentlichung des ersten Münchner Missbrauchsgutachtens von 2010 sowie eine grundsätzliche „Radikalkur“ bezüglich der Missbrauchsprävention und -aufklärung im Erzbistum München und Freising. DT/sta
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