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Katholische Kirche steigt in interreligiösen Unterricht ein

Vier Religionen — ein Unterricht: Erzbistum Hamburg tritt bundesweit einmaligem Unterrichtskonzept „Rufa“ bei. Erzbischof Heße: Konfessionsübergreifender Religionsunterricht sei „eine dem Frieden dienende Kooperation“.
Vorstellung Projekt «Religionsunterricht für alle»
Foto: Markus Scholz (dpa) | Bundesweit einmaliges Projekt: An Hamburger Schulen gibt es interkonfessionellen Religionsunterricht. Jetzt steigt auch die katholische Kirche mit ein.

Gemeinsamer Religionsunterricht für Aleviten, evangelische Christen, Muslime und Juden — und bald auch Katholiken: Das soll es im Erzbistum Hamburg geben, gab der katholische Sender „Domradio“ gestern bekannt. Die katholische Kirche in Hamburg will sich am „Religionsunterricht für alle (Rufa)" beteiligen. Laut dem Hamburger Erzbischof Stefan Heße sprechen „viele theologische und religionspädagogische Gründe“ für diesen Schritt. Das Erzbistum hat einen entsprechenden Antrag bei der Stadt Hamburg und den bereits beteiligten Religionsgemeinschaften eingereicht. Der Beitritt gilt aber bereits als ausgemacht.  

Katholischer Religionsunterricht wird kaum in Anspruch genommen

Damit ist Hamburg das erste Bundesland, dass offiziell in einen interreligiösen Religionsunterricht einsteigt. In anderen Bundesländern ist konfessionsgebundener Religionsunterricht Gang und Gäbe. Grund für den Einstieg des Erzbistums Hamburg zur „Rufa“ sei die katholische Minderheit, die katholischen Religionsunterricht ohnehin wenig in Anspruch nehme, heißt es in der Mitteilung. Viele der 24.000 katholischen Schüler im Erzbistum Hamburg werden bereits nach dem „Rufa“-Konzept unterrichtet.

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Ausschlaggebend für den Schritt war nach Angaben des Erzdiozösen aber, dass der Unterricht „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ erteilt werden soll. Die Lehrer müssen der Religion angehören, die sie unterrichten. Unterschiede müssen deutlich zum Ausdruck gebracht werden, so dass die Grenzen zwischen den Religionen nicht verwischen. Während die meisten deutschen Bischöfe dem Vorhaben mit Skepsis begegnen, sieht Heße darin „eine dem Frieden dienende Kooperation“. Vorige Woche hatte der Erzbischof von einer sehr spezifischen Antwort auf die Hamburger gesellschaftlichen Bedingungen gesprochen, die nicht beliebig auf andere Bistümer übertragen werden könne.

Katholische Schule bleiben weiterhin unabhängig

Mit dem offiziellen Eintritt in das Projekt bekommt die katholische Kirche Mitgestaltungsrechte und kann auch Inhalte platzieren. Die Stadt verpflichtet sich, das Institut für katholische Theologie auszubauen. Für die islamische und alevitische Konfession wurden  entsprechende Lehramtsstudiengänge an der Universität Hamburg bereits 2019 im Zuge einer Weiterentwicklung eingerichtet.

Seitdem wird das Projekt gleichberechtigt von vier Religionen verantwortet. Mit der katholischen Kirche kommt eine fünfte hinzu. Bis 2019 war das Projekt allein in evangelischer Hand. Die 20 katholischen Schulen des Erzbistums Hamburg bleiben von den Neuerungen unberührt und können weiterhin katholischen Religionsunterricht erteilen.  DT/dsc

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