Zum fünften Jahrestag des ersten bundesweiten Lockdowns aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus hat sich die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) weitgehend in Schweigen gehüllt. Am 22. März 2020, einem Sonntag, wurde vielen Gläubigen erstmals die Tragweite des von der Regierung verhängten Versammlungsverbots bewusst: Fast überall zelebrierten Priester die Sonntagsmesse ohne Volk, etliche Bistümer dispensierten die Gläubigen von der Sonntagspflicht und verwiesen die Kirchgänger auf Messübertragungen. Auch die Sakramentenspendung in Krankenhäusern und Altenheimen unterblieb in vielen Fällen.
Eine Anfrage dieser Zeitung Anfang März ergab, dass die große Mehrheit der Bistumspressestellen auf die Erklärung der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe verwies, in der das Thema offensichtlich behandelt werden sollte. Die Abschlusserklärung des DBK-Vorsitzenden, Bischof Georg Bätzing, geht allerdings auf die Bilanz der Coronaerfahrungen nicht ein.
Auch nachdenkliche Stimmen aus den Reihen der Bischöfe
Gleichwohl gibt es nachdenkliche Stimmen aus den Reihen der Bischöfe. So teilte das Bistum Augsburg mit, in der Rückschau auf zeitgeschichtliche Ereignisse sei „jeder immer klüger als man es in der konkreten Situation war. Die Dynamik der Pandemie erforderte sehr rasche Entscheidungen der Politik, die ohne Beteiligung der gesellschaftlich relevanten Gruppen, auch ohne vorherige Beteiligung der Kirchen, getroffen wurden.“
Im Nachhinein zweifelhaft erscheine aus Sicht des Bistums die Kompetenz des Staates, bereits im Rahmen der ersten Infektionsschutzmaßnahmen öffentliche Gottesdienste untersagen zu dürfen. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften seien von diesem Verbot überrascht worden. Aus heutiger Sicht könne dieses Verbot durchaus als Verstoß gegen die im Grundgesetz garantierte Recht auf ungestörte Religionsausübung gewertet werden. „Diese Maßnahme war jedenfalls in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bis dahin beispiellos. Ob sie medizinisch – virologisch auch tatsächlich notwendig und geeignet war, um die Pandemie einzudämmen, ist letztlich noch nicht geklärt“, bilanziert die Diözese.
Auch das Bistum Speyer würde heute manches anders machen. Aus damaliger Sicht seien die Maßnahmen angeraten gewesen, weil man den Gefährdungsgrad nicht einschätzen konnte, doch „aus heutiger Sicht würde man manche Maßnahmen im Blick auf die Gottesdienste so nicht mehr ergreifen“, teilt die Diözese auf Anfrage mit.
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