Am dritten Tag der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) im Kloster Steinfeld stand die Verantwortung für die Schöpfung im Mittelpunkt. Unter dem Titel „10 Jahre Sozial- und Umweltenzyklika Laudato si’“ diskutierten Bischöfe und Experten über deren Wirkung und aktuelle Herausforderungen.
Beim Pressegespräch zur Umwelt- und Sozialenzyklika „Laudato si’“ riefen die deutschen Bischöfe dazu auf, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit stärker in den Mittelpunkt kirchlichen Handelns zu rücken. Besonders scharf äußerte sich der Bischof von Hildesheim und Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der DBK, Heiner Wilmer. „Die Klimakatastrophe eskaliert. Millionen Menschen sterben durch Hunger, Krieg und Ausbeutung, während in den Wohlstandsblasen der Industrienationen Barmherzigkeit und Mitgefühl erodieren“, erklärte er. Zudem sprach Wilmer vom „größten Marktversagen in unserer Menschheitsgeschichte“ und beklagte eine zunehmende globale Gleichgültigkeit.
Der Münsteraner Weihbischof Rolf Lohmann, Vorsitzender der Arbeitsgruppe für ökologische Fragen der DBK, hob die Notwendigkeit nachhaltiger Maßnahmen hervor. „Wir als Kirche verstehen uns als Brückenbauerinnen. Klima- und Umweltschutz geht uns alle an, aber es bedarf weniger des erhobenen Zeigefingers. Vielmehr müssen wir argumentativ überzeugen“, betonte Lohmann. Auch kündigte der Bischof eine verstärkte Berichterstattung der Diözesen über ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen an.
Klassisches Beispiel für Marktversagen
Die DBK nutzte den Studientag zur Enzyklika, um mit Wissenschaftlern die Auswirkungen von „Laudato si’“ auf Umwelt- und Klimapolitik zu reflektieren. Der Umweltökonom Andreas Löschel von der Ruhr-Universität Bochum unterstrich die Dringlichkeit, den CO2-Ausstoß drastisch zu senken. Er verwies darauf, dass die gesetzten globalen Klimaziele des Pariser Abkommens, also die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst 1,5 Grad, mit den bisherigen Maßnahmen kaum erreichbar seien: „Trotz aller politischen Anstrengungen der letzten Jahre werden wir diese Ziele wahrscheinlich, sehr wahrscheinlich, nicht erreichen. Es braucht viel mehr Anstrengungen, um diesen Zielen näher zu kommen.“
Löschel betonte, dass Klimaschutz ein klassisches Beispiel für Marktversagen sei: „Niemand hat einen umfassenden Anreiz, sich so zu verhalten, wie es für die Menschheit und den Planeten angemessen wäre.“ Die Herausforderung bestehe darin, dass Klimaschutz Kosten für Einzelne verursacht, während der Nutzen weltweit geteilt werde. Dies führe zu einem zentralen Anreizproblem, das politische Lösungen erfordere.
Zugleich verwies der Professor darauf, dass effektiver Klimaschutz weitreichende strukturelle Veränderungen notwendig mache: „Der Einsatz fossiler Energieträger muss stark abnehmen. Wir brauchen eine weitreichende Elektrifizierung der Sektoren und alternative Energieträger wie Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe.“ Zudem seien negative Emissionstechnologien notwendig, um bereits vorhandene CO2-Emissionen aus der Atmosphäre zu entfernen.
Neben wissenschaftlichen Beiträgen wurde auch eine neue Orientierungshilfe zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgestellt. Sie soll den Diözesen helfen, ihre Klimaschutzmaßnahmen transparenter zu machen. Zudem sind zwei zentrale Veranstaltungen geplant: Ein Vernetzungstreffen für Umweltbeauftragte im Mai sowie eine öffentliche Podiumsdiskussion zur Zukunft des Klimaschutzes im November in Berlin. DT/jna
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