Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kiew

Ukrainische Orthodoxie zwischen allen Stühlen

Mit einer neuen Erklärung provoziert die von Moskau abhängige Orthodoxie in der Ukraine die politische Klasse.
Patriarch Kyrill sitzt jetzt zwischen allen kirchlichen und politischen Stühlen
Foto: IMAGO/Vyacheslav Prokofyev (www.imago-images.de) | Besorgt zeigen sich die in Gemeinschaft mit dem Moskauer Patriarchat stehenden orthodoxen Bischöfe in der Ukraine „über die häufigen Fälle von Aufstachelung zu Hass und religiösen Auseinandersetzungen in der Ukraine“.

Die „Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats“ (UOK-MP) sitzt jetzt zwischen allen kirchlichen und politischen Stühlen. Einerseits distanziert sie sich vorsichtig von der eigenen Kirchenleitung in Moskau, die den Krieg Putins gegen die Ukraine rechtfertigt und für den Sieg der russischen Truppen betet. Andererseits sieht sie sich wachsenden Feindseligkeiten innerhalb der Ukraine ausgesetzt und greift die ukrainischen Behörden an.

Vorwürfe gegen die ukrainische Politik

Besorgt zeigen sich die in Gemeinschaft mit dem Moskauer Patriarchat stehenden orthodoxen Bischöfe in der Ukraine „über die häufigen Fälle von Aufstachelung zu Hass und religiösen Auseinandersetzungen in der Ukraine“. Sie erinnern an zwei Gesetzesentwürfe, die im Parlament vorliegen und darauf abzielen, die Strukturen des Moskauer Patriarchats zu verbieten.

Lesen Sie auch:

Die UOK-MP sieht das in einer aktuellen Erklärung nicht als Reaktion auf die Invasion Russlands und die Rechtfertigung des Krieges durch Kyrill. Sie betrachtet die heutige Problemlage vielmehr als „Folge der falschen Religionspolitik der Präsidentschaft von Poroschenko und der zerstörerischen Ideologie der sogenannten Orthodoxen Kirche der Ukraine“. Beides, Poroschenkos Religionspolitik und die Autokephalie-Erklärung, seien „Gründe für die militärische Invasion“ gewesen. 

Massive Kritik der ukrainischen Politik

Diese These ruft nun massive Kritik der ukrainischen Politik hervor: Parlamentarier der Partei von Präsident Selenskyj („Diener des Volkes“) kündigen an, das Parlament werde die Behauptung der UOK-MP, dass die russische Invasion durch die Gründung einer autokephalen Kirche provoziert wurde, prüfen. Eine Anhörung über die Rolle der Kirchen solle noch Ende Mai stattfinden. 

Das staatliche Amt für Ethnopolitik und Gewissensfreiheit (DESS) kritisiert die Erklärung der UOK-MP gar als „Anstiftung zu religiösem Hass, Beleidigung der Gefühle von Gläubigen und Rechtfertigung des Krieges Russlands“. Der Theologe und Philosoph Jurij Chornomorez fordert öffentlich ein Verbot der Strukturen des Moskauer Patriarchats in der Ukraine. Der Episkopat der UOK-MP sei „völlig kompromittiert“.  DT/sba

Lesen Sie einen ausführlichen Hintergrund zur kirchlichen Lage in der Ukraine in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

Themen & Autoren
Vorabmeldung Bischof Russlands Krieg gegen die Ukraine Kyrill I. Orthodoxe Kirche Wladimir Wladimirowitsch Putin

Weitere Artikel

Die Ukraine will nicht kapitulieren, lädt aber Franziskus zur Solidarität mit ihrem Überlebenskampf und zu einem Besuch in dem kriegsgeplagten Land ein.
11.03.2024, 11 Uhr
Meldung
Kyrill stellt sich bedingungslos an die Seite des Aggressors und seiner ideologischen Opfer. Ein Treffen mit dem orthodoxen Patriarchen würde den Papst nur beschädigen. Ein Kommentar.
22.04.2022, 15 Uhr
Stephan Baier

Kirche

Die deutschen Bischöfe werden beim Synodalen Ausschuss wohl keine kirchenrechtskonforme Lösung finden. Das Mehrheitsprinzip eröffnet einen rechtsfreien Raum.
25.04.2024, 11 Uhr
Regina Einig