Vom Pessimismus lässt sich Pater Karl Wallner, Zisterziensermönch aus Heiligenkreuz und Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich, nicht anstecken. „Wir sind derzeit in einer Phase der Kirche, die atemberaubend ist. Die katholische Kirche ist nie in ihrer Geschichte so schnell gewachsen“, sagte und belegte er bei einem Vortrag an der Hochschule Heiligenkreuz im Wienerwald am Montagabend.
Erst seit das subsaharische Afrika und Lateinamerika für das Christentum gewonnen werden konnten, sei das Christentum zur größten Religion der Welt geworden. Zuvor war das laut Pater Karl Wallner der Hinduismus. Doch während die Kirchen, der Gottesdienstbesuch und der Glaube in Europa schrumpfen, sei Afrika „der am stärksten wachsende Teil der katholischen Kirche“. Nur der Islam wachse hier noch schneller und werde die afrikanische Christenheit bis 2025 überholen.
Gottes- und Glaubenskrise
„Bei uns schmilzt das Christentum schneller als jeder Gletscher in der Sahara“, so Karl Wallner. In Wien seien nur mehr 30 Prozent der Einwohner katholisch. Die Kirchenaustritte seien nach der Corona-Krise dramatisch hoch. „Dass die evangelische Kirche noch schneller schrumpft als die katholische, ist kein Trost. Wir haben eine Gotteskrise und Glaubenskrise, das muss endlich thematisiert werden. Das ist keine Strukturkrise.“
Afrika sei demgegenüber „sehr lebendig im Glauben und zugleich sehr volatil“. Die Kirche dort brauche Stabilität im Glauben. Jedes Jahr gebe es in Afrika einen Zuwachs um acht bis neun Millionen Katholiken, aber auch die Bevölkerung wachse am stärksten in Afrika. Zwar gebe es viele Probleme in der Kirche, und noch mehr in den Gesellschaften Afrikas, insgesamt jedoch wirke die katholische Kirche auf diesem Kontinent „humanisierend und sozial engagiert“. Karl Wallner wörtlich: „Jeder Pfarrer in Afrika ist der erste Sozialarbeiter seiner Gemeinde.“ Weil Afrika Ordnung brauche, bedürfe es der Orden: „Orden sind ein Stabilisationsfaktor für eine ganze Gegend.“ Zudem würden die Ordensgemeinschaft in Afrika gut wirtschaften, Schulen betreiben und sich um Kranke kümmern.
Scharfe Kritik äußerte Österreichs Missio-Nationaldirektor an China: Unter Xi Jinping gebe es eine „totale Reglementierung des Christentums“ in China selbst sowie massiven Einfluss im subsaharischen Afrika. „Mittlerweile spielt Europa dort keine Rolle mehr; China hat sich alle Rohstoffe gesichert.“ So sei nahezu das gesamte Cobalt in der Hand der Chinesen. DT/sba
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