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Michael Wielath: „Wir arbeiten im Plan Gottes“

Michael Wielath, Vorstandsmitglied bei „radio horeb“, reist jedes Jahr nach Afrika, um sich dort den von deutschen Spendern finanzierten Aufbau von Radio-Maria-Stationen anzusehen. Was passiert eigentlich mit den Spenden?
Diakon Michael Wielath und das Team von Radio Maria
Foto: Michael Wielath/radio horeb

Herr Wielath, einen Marathon kann man theoretisch in etwas über zwei Stunden laufen. Wie lange dauert ein Mariathon?

Drei Tage! Dieses Jahr vom 5. bis 7. Mai. So lange sammeln, beten und informieren wir, um das Werk der Gottesmutter Maria zu ermöglichen – und das ist für uns „Radio Maria“. Wir sammeln für Länder, in denen neue Radiostationen aufgebaut werden, und die dazu unsere Unterstützung brauchen. Laufen tut allerdings niemand…

…wobei Sie schon so einige Kilometer zurückgelegt haben, um die bestehenden Projekte in Afrika zu besuchen. Zuletzt ging es in die demokratische Republik Kongo. Wie ist es um die dortigen Sender bestellt?

Im Moment ist das Ziel, das Hauptstadtstudio in Kinshasa neu zu bauen. Bis jetzt ist es in einem kleinen verwinkelten Haus; die Mitarbeiter sitzen zu viert und zu fünft in winzigen Büroräumen. Man muss sich klarmachen, dass der Kongo ein riesiges Land ist, so groß wie Zentraleuropa. Die neue Zentrale, aus der alles gelenkt werden soll, kommt jetzt auf ein Grundstück, auf dem später auch die neue Kathedrale von Kinshasa stehen wird. Dann sind wir sozusagen Tür an Tür mit dem Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Besungu.

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Wozu brauchen die Menschen in Afrika eigentlich Radio Maria? Sollte man nicht gerade in so einem armen Land wie dem Kongo lieber Geld in sauberes Trinkwasser oder Ernährung investieren?

Wir machen durchaus auch kleinere humanitäre Projekte. Aber grundsätzlich ist unser Instrument das Radio, und wir sehen, dass wir damit etwas verändern können. Radio Maria sendet das Stundengebet der Kirche, katechetische Beiträge, Gottesdienste, aber auch Nachrichten. Wo es kaum Zeitungen gibt, und sich nur reiche Menschen Fernsehen leisten können, wird das Radio zur Information gebraucht. Es ist das Medium Nummer eins in Afrika. Die übertragenen Messen ermöglichen es Gläubigen, die in abgelegenen Dörfern wohnen, in die nicht jede Woche ein Priester kommen kann, an der Liturgie teilzuhaben. Die Menschen sind wirklich dankbar dafür. Man hat das Gefühl, man ist absolut am Ende der Welt, an Orten, wo man überhaupt nur mit dem Quad (Geländefahrzeug, A. d. Red.) hinkommt, und dann sieht man, wie ein Bauer auf seinem Feld steht und Radio Maria hört.

Nicht nur vom Brot lebt der Mensch.

Genau. Ich höre das von den Priestern und Bischöfen in Afrika immer wieder, und es ist ja bei uns in Deutschland auch nicht anders: Wir brauchen dieses Programm von Gottesdiensten und Katechismus, diese ständige „Evangelisierung“, denn unser Glaubensweg geht ja auch dann weiter, wenn wir schon getauft und gefirmt sind. Viele unserer Hörer sind getragen vom Gebet, von ihrem Glauben. Aber um sich weiterzuentwickeln, hören sie Radio. Und um teilzunehmen. In Tansania habe ich erlebt, wie morgens die Tageslesungen vorgelesen werden. Und dann rufen Hörer aus dem ganzen Land an und sagen, was sie an dieser Lesung aus der Bibel bewegt hat – und zwar nicht nur Katholiken, sondern auch Christen anderer Konfessionen, und sogar Muslime! Das hat mich total fasziniert. Die christliche Botschaft, vermittelt über das Radio, gibt den Menschen Hoffnung und verändert Leben.

Gibt es auch Programme, die sich konkret mit spezifischen Problemen der Länder auseinandersetzen?

Ja, jedes Land hat ein spezielles Thema. Zum Beispiel ist in Ruanda auch jetzt noch die Versöhnung nach dem Genozid vor bald 30 Jahren ein großes Thema. Radio Maria sendet dort die Zeugnisse von Menschen, die vergeben haben. Ich habe das bei einer Ordensschwester erlebt, die berichtet hat, wie sie von Gefängnis zu Gefängnis gereist ist, um diejenigen zu finden, die ihre Familie ermordet hatten. Sie brauchte die Gesichter, musste die Täter wirklich sehen, um vergeben zu können. So etwas zu hören, ermutigt auch andere, diesen Weg zu gehen. Gerade in Ruanda ist mir klar geworden, mit diesem Projekt stehen wir mittendrin in der Vorsehung Gottes.

Inwiefern?

2018 war ich zur Einweihung des von uns finanzierten Studios in Kibeho in Ruanda, das ist der Ort der einzigen anerkannten Marienerscheinung in Afrika. Dann steht man da, ziemlich abgelegen nahe der Grenze zu Burundi, und blickt vom Studio einerseits auf den Erscheinungsort, wo Maria acht Jahre lang drei jungen Frauen erschienen ist und ihnen Botschaften übermittelt hat. Und dann blickt man sich um und sieht die Dorfkirche von Kibeho. An dieser Stelle sind 20 000 Menschen im Genozid ums Leben gekommen. Zwei Orte, die ich emotional gar nicht zusammenbekommen habe. Am nächsten Tag hatte ich ein Treffen mit der Seherin Nathalie, der Maria erschienen ist. Und sie hat mir erzählt, dass Maria zu ihr gesprochen hat und gesagt hat, dass von Kibeho aus das Wort Gottes in alle Welt gehen wird. Sie hatte 35 Jahre dafür gebetet, aber keine Idee, wie das im Busch an der Grenze zu Burundi geschehen soll. Und jetzt übertragen wir Gottesdienste, Predigten, und Gebete von hier – es passiert. Das war für mich extrem bewegend. Ich habe gemerkt, nicht wir haben uns das ausgedacht und können auf irgendwas stolz sein, sondern wir arbeiten im Plan Gottes.

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