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Laurentius von Brindisi: Heiliges Multitalent

Großer Gelehrter, flammender Prediger, ungewöhnliches Sprachgenie und dabei immer ein Freund der Stille: vor 400 Jahren starb der heilige Laurentius von Brindisi. Die Kapuziner gedenken des Ordensheiligen mit einem Laurentiusjahr Von Katrin Krips-Schmidt
Laurentius von Brindisi
Foto: Kapuziner/ Markus Huber | Kraft aus Gebet und Stille: der heilige Laurentius.

Laurentius von Brindisi wäre nach heutigen Maßstäben ein Spitzenmanager – und trotzdem hat er es immer geschafft, Menschen das Wesentliche im Leben zu vermitteln und selbst in der Meditation zur Ruhe zu kommen“ – Bruder Erich Geir, der Provinzial der Kapuziner der Provinz Österreich-Südtirol, sieht in diesem großen Heiligen des Kapuzinerordens, auch heute noch ein Vorbild. Anlässlich seines 400. Todestages soll das kürzlich eröffnete „Laurentiusjahr“ Gelegenheiten bieten, sich mit der Person und den Tugenden des heiligen Laurentius von Brindisi zu beschäftigen.

Seine Eltern tauften ihn auf den Namen Giulio Cesare

Geboren wurde Laurentius als Sohn wohlhabender venezianischer Eltern am 22. Juli 1559 in Brindisi, im äußersten Südosten Italiens an der Adria, am Absatz des italienischen Stiefels gelegen. Seine Eltern tauften ihn auf den Namen Giulio Cesare. Nach ihrem frühen Tod trat er 1575 bereits mit sechzehn Jahren den Kapuzinern – einem erst wenige Jahrzehnte zuvor gegründeten franziskanischen Orden – in Verona bei, wo er den Ordensnamen Laurentius annahm und sich damit unter den Schutz des Märtyrers Laurentius von Rom stellte. Der junge Mann war derart talentiert, dass seine Oberen ihn zum Studium an die Universität von Padua schickten. Insbesondere seine Sprachbegabung war außergewöhnlich. Nach seiner Priesterweihe am 18. Dezember 1582 lehrte er von 1583 bis 1586 zunächst Theologie und Exegese in der Lagunenstadt und war anschließend als Oberer und Novizenmeister in Bassano del Grappa und dann als Provinzial in der Toskana, in Venedig, in Genua und in der Schweiz tätig.

In seiner Freizeit lernte er mehrere Fremdsprachen, so dass er neben seiner Muttersprache Italienisch auch Latein, Hebräisch, Griechisch, Deutsch, Böhmisch, Spanisch und Französisch perfekt beherrschte. Seine überragenden Fremdsprachenkenntnisse waren die Grundlage für sein so fruchtbringendes Apostolat unter den Völkern Europas. Laurentius sprach so gut Hebräisch, dass er mit Juden über den hebräischen Bibeltext diskutieren konnte. Die Rabbis waren sich sicher, dass es sich bei dem Kapuziner um einen zum Christentum konvertierten Juden handelte. Papst Clemens VIII. beauftragte ihn deshalb damit, drei Jahre lang den Juden in Rom zu predigen.

Moral und Dogma der Kirche wusste Laurentius den Gläubigen so feurig zu vermitteln, dass er in Venedig, der Hauptstadt des Karnevals, zwei Fastenzeiten predigte, um die Menschen auf den rechten Weg zurückzuführen, womit er viel Erfolg hatte. Eine Kurtisane etwa, die bei einem Kirchenbesuch Ausschau nach Liebhabern hielt, bekehrte sich nach der flammenden Rede des Kapuziners zu Christus. 1599 wurde der begnadete Prediger von Papst Clemens VIII. als erster Kapuziner mit elf Mitbrüdern nach Österreich und Böhmen entsandt, um das von der Reformation gebeutelte Mitteleuropa zu rekatholisieren. Bei dieser Gelegenheit half er bei der Gründung neuer Konvente in Bozen, Salzburg, Prag, Wien und Graz.

Als wahrer Held erwies er sich im Krieg gegen die Türken

Als wahrer Held erwies er sich zudem im Krieg gegen die Türken. Durch seinen Einsatz als Militärkaplan, der den kaiserlichen Truppen von Rudolph II. – Kaiser des Heiligen Römischen Reiches von 1576 bis 1612 – immer wieder Mut im Kampf zusprach und ihnen seinen geistlichen Beistand gewährte, trug er 1601 im ungarischen Stuhlweißenburg maßgeblich zum Sieg über die Osmanen bei.

Nach seiner Rückkehr stand Laurentius von 1602 bis 1605 seinem Orden als Ordensgeneral vor. Denn er war nicht nur intellektuell ein Überflieger, er brachte für sein hohes Amt auch die nötigen menschlichen und spirituellen Eigenschaften mit und besaß nicht zuletzt administrative Fähigkeiten. Laurentius betätigte sich darüber hinaus als Diplomat. In einer Generalaudienz über den Heiligen, die Papst Benedikt XVI. 2011 hielt, lobte der Pontifex Laurentius‘ „Einsatz für den Frieden“. So pflegte er Kontakte zu den Herrscherhäusern im italienischen, bayrisch-österreichischen, böhmischen und spanischen Raum. Eines seiner Verdienste ist die Einigung der katholischen Liga im Jahr 1609. Bei seiner letzten diplomatischen Mission, die ihn nach Spanien führte, erkrankte Laurentius im Juni 1619 in Barcelona und starb am darauffolgenden 22. Juli, an seinem 60. Geburtstag, in Lissabon.

Laurentius von Brindisi wurde 1881 von Papst Leo XIII. heiliggesprochen

Der Kapuziner wurde 1881 von Papst Leo XIII. heiliggesprochen. Im Jahr 1959 verlieh Papst Johannes XXIII. dem Heiligen den Titel eines „Doctor apostolicus“, eines apostolischen Kirchenlehrers. Laurentius, der oft auch als „zweiter Petrus Canisius“ bezeichnet wird, ist der Verfasser zahlreicher, thematisch sehr vielfältiger Werke, die von den Kapuzinern in 15 Bänden gesammelt wurden, von denen 11 Bände seine mehr als 800 Homelien enthalten. Außerdem hinterließ er eine vollständige Mariologie. Mit seiner Streitschrift „Lutheranismi Hypotyposis“ zielte der gelehrte Mönch auf eine Widerlegung der reformatorischen Lehre ab. Benedikt XVI. würdigte den Heiligen, indem er hervorhob, „dass seine ganze Tätigkeit von einer großen Liebe zur Heiligen Schrift beseelt war, die er großenteils auswendig kannte, sowie von der Überzeugung, dass das Hören und das Annehmen des Wortes Gottes uns von innen her verwandelt und diese Verwandlung uns zur Heiligkeit führt“. Der Schutzpatron von Brindisi fand seine letzte Ruhestätte im nordspanischen Villafranca del Bierzo.

"Er war fast durchgängig unterwegs, hatte
anspruchsvolle Führungspositionen inne und
wurde mit schweren diplomatischen
Vermittlungsaufgaben betraut"
Sarah Schuller-Kanzian

Doch nicht nur theologische Werke hat er uns hinterlassen, auch „im säkularen Sinn war der heilige Laurentius vorbildhaft“, so Sarah Schuller-Kanzian im Blick auf die „Work-Life-Balance“: „Er war fast durchgängig unterwegs, hatte anspruchsvolle Führungspositionen inne und wurde mit schweren diplomatischen Vermittlungsaufgaben betraut. Seine Aufgaben hielten ihn nicht ab, Stille in Meditation und Gebet zu suchen und er zog sich immer wieder für längere Zeit in abgelegene Klöster zurück.“ Diese „Notwendigkeit von Stille und Rückzugszeiten“ möchte das Laurentiusjahr durch die verschiedenen Angebote nun thematisieren.

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