Der Kirchenrechtler Markus Graulich SDB hat angesichts der Reform der Grundordnung des kirchlichen Dienstes die Notwendigkeit eines eigenen kirchlichen Arbeitsrechts in Frage gestellt.
Graulich, der Untersekretär im Päpstlichen Rat für die Auslegung der Gesetzestexte ist, erklärte gegenüber der „Tagespost“, auch die Maßnahmen bei so genanntem kirchenfeindlichen Verhalten – dem einzig verbliebenen Kündigungsgrund – seien so abgeschwächt angelegt, dass man sie auch über das allgemeine Arbeitsrecht regeln könne. Letzteres würde allerdings auch das Streikrecht umfassen.
Für die Kirche als Arbeitgeber wäre mehr möglich gewesen
Zudem hätten viele säkulare Unternehmen interne Compliance-Normen und Loyalitätsobliegenheiten, die zum Beispiel zu einer sogenannten „verhaltensbedingten Kündigung“ führen könnten, „die weit über das in der Grundordnung nunmehr geforderte Maß hinausgehen. Auch für die Kirche als Arbeitgeber wäre da also mehr möglich gewesen“, stellte Graulich fest.
Ein Novum besteht Graulich zufolge in der in der Grundordnung vorausgesetzten Einzelfallprüfung bei Kirchenaustritt. Diese deute auf einen Ermessensspielraum hin, der neu zu sein scheine und gegebenenfalls auch eine Antwort auf die hohen Austrittszahlen darstellen könne.
Der Kirchenrechtler erinnert daran, dass nach dem Dekret der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) zum Kirchenaustritt aus dem Jahr 2012 eine solche Einzelfallprüfung nicht vorgesehen sei. Aus seiner Sicht ist es denkbar, dass die deutschen Bischöfe damit ein Zeichen setzen wollten, „um jetzt noch einmal grundsätzlich über den Kirchenaustritt und seine Folgen nachzudenken.“ DT/reg
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