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„Gegenseitige Achtung und Wertschätzung“

Benedikt XVI. war als Papst ein Brückenbauer zur krisenreichen Welt des Islam.
Benedikt XVI. in Istanbul
Foto: Patrick Hertzog (EPA-Pool) | Benedikt XVI. besuchte 2006 die Blaue Moschee in Istanbul.

Papst Benedikt XVI. wurde vielfach missverstanden und missinterpretiert. Das folgenreichste Missverständnis provozierte seine „Regensburger Rede“, eine Vorlesung an der Universität Regensburg 2006: Der Papst aus Bayern löste wütende Proteste in Teilen der islamischen Welt aus. Ein genauerer Blick zeigt, dass Benedikt XVI. mutige Brücken zwischen Christen und Muslimen baute – und dabei noch über seinen Vorgänger, Johannes Paul II., hinausging.

Obwohl sich Joseph Ratzinger in seinem theologischen Werk kaum mit dem Islam befasste, setzte er als Papst originelle Akzente im Dialog mit Muslimen. Wenige Wochen nach der teils mutwillig, teils fahrlässig missinterpretierten „Regensburger Rede“ beschrieb Papst Benedikt in Ankara die Herausforderung so: „Christen und Muslime folgen ihrer jeweiligen Religion und machen so auf die Wahrheit des sakralen Charakters und der Würde des Menschen aufmerksam. Das ist die Grundlage für unsere gegenseitige Achtung und Wertschätzung.“

Für einen Dialog, der auf Wahrheit gründet

Es gebe einen „besonderen Beitrag“ der Gottgläubigen zur Gestaltung der Gesellschaft und bei der Beantwortung der Fragen nach Sinn und Zweck des Lebens, sagte der Papst. „Wir sind zur Zusammenarbeit aufgerufen, um so der Gesellschaft zu helfen, sich dem Transzendenten zu öffnen und dem allmächtigen Gott den ihm zustehenden Platz einzuräumen. Der beste Weg führt über einen authentischen Dialog zwischen Christen und Muslimen, der in der Wahrheit gründet und von der ehrlichen Sehnsucht geleitet ist, einander besser kennenzulernen, im Respekt der Unterschiede und in Anerkennung dessen, was uns gemeinsam ist.“

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Diese Linie setzte Benedikt XVI. bei seinen Besuchen in Jordanien und im Libanon fort. In Amman betonte er, dass er Moscheen als Stätten des Gebets und der Gottesverehrung achte: „Jahrhunderte hindurch haben diese Heiligtümer Menschen zu ihren heiligen Orten angezogen, damit sie dort verweilen, beten, sich der Gegenwart des Allmächtigen bewusst werden und erkennen, dass wir alle seine Geschöpfe sind.“ Und weiter: „Gerade wegen der Bürde ihrer gemeinsamen Geschichte, die so oft von Missverständnis gekennzeichnet war, müssen Muslime und Christen bestrebt sein, als Gläubige erkannt und anerkannt zu werden, die treu beten, die bemüht sind, die Gebote des Allmächtigen zu halten und ihnen gemäß zu leben, die barmherzig und mitfühlend sind, die konsequent alles Wahre und Gute bezeugen, die stets den gemeinsamen Ursprung und die Würde aller Menschen bedenken“.

Ein neues Modell der Brüderlichkeit

Mit Benedikt XVI. trat der islamischen Welt ein christlicher Gottesmann entgegen, der wusste, dass ohne Gott keine „gesunde Anthropologie zu entwickeln“ ist, wie er bei seiner letzten Auslandsreise 2012 im Libanon sagte. Hier warb er für ein „neues Modell von Brüderlichkeit“, das nicht ohne den göttlichen Vater auskommt: „Ohne die Öffnung zum Transzendenten, die ihn Antworten auf die Fragen seines Herzens nach dem Sinn des Lebens und nach der Art der moralischen Lebensführung finden lässt, wird der Mensch unfähig dazu, gemäß der Gerechtigkeit zu handeln und sich für den Frieden einzusetzen.“  DT/sba

Lesen Sie eine ausführliche Analyse des christlich-islamischen Dialogs bei Papst Benedikt XVI. in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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