Der Seligsprechungsprozess des katalanischen Architekten Antoni Gaudí (1852–1926) ist zu Beginn dieser Woche einen großen Schritt weitergekommen. Mit der Anerkennung des heroischen Tugendgrades darf der Baumeister der Kathedrale „Sagrada Familia“ als „ehrwürdiger Diener Gottes“ verehrt werden. In Zeiten intensiver binnenkirchlicher Strukturdebatten rückt die Kirche einen exemplarischen Laien in den Fokus, dessen Werk für die säkularisierte Gesellschaft höchsten Katechesewert hat.
Mit 3,8 Millionen Besuchern pro Jahr ist das Wahrzeichen Barcelonas die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Spaniens. Im Stile einer mittelalterlichen Armenbibel lernt der Betrachter an den Fassaden der Kirche die Mysterien der Heilsgeschichte kennen. Die Kathedrale als stumme Predigt über das Leben Jesu – so funktioniert Katechese in Europa seit dem Mittelalter bis heute.
Demütige Dienstbereitschaft gläubiger Laien

Und entgegen der Fehlvorstellung, die Kirche habe die Bedeutung der Laien erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entdeckt, stehen gerade die Kathedralen für die professionelle Kompetenz und auch demütige Dienstbereitschaft gläubiger Laien. Wären diese Laien bei Schwierigkeiten mit der Hierarchie in Protesthaltung verfallen, wäre die Kirche heute bedeutend ärmer.
Gaudís Zusammenarbeit mit seinen kirchlichen Auftraggebern war alles andere als ein Selbstläufer. Dass er sich trotz aller Konflikte nicht vom Wesentlichen abhalten ließ und sein Werk zur Ehre Gottes fortsetzte, macht ihn zu einem exemplarischen Laien. Die Arbeiter für das Reich Gottes, die sich nicht von innerkirchlichen Spannungen verwirren lassen, sind die Visitenkarte der Kirche.
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