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Diskutieren über die Hölle

Im Theologischen Terzett ging es um die von Hans Urs von Balthasar in „Theologie der drei Tage“ dargelegten Überlegungen zum Karsamstag und zum Abstieg Christi zu den Toten.
Sibylle Lewitscharoff beim Theologischen Terzett
Foto: Uwe Zucchi (dpa) | Ich kann nicht verstehen, warum sich die christlichen Kirchen so sehr von der Vorstellung der Hölle gelöst haben, so als wäre die Hölle eine Privatstrafe, die uns vielleicht schon im Leben erreicht", so Lewitscharoff.

Wenn Sibylle Lewitscharoff und der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück miteinander über die Hölle diskutieren, dominiert die Freude an der Kontroverse. Im Theologischen Terzett ging es um die von Hans Urs von Balthasar in „Theologie der drei Tage“ dargelegten Überlegungen zum Karsamstag und zum Abstieg Christi zu den Toten. Balthasar sehe darin einen „Akt der Solidarität des toten Christus mit den Toten, meinte Tück. Es gibt keine Stelle, an der Gott nicht ist. Gott habe auch das Nichts aufgesucht.“

Balthasar kein Verfechter von Allversöhnungstheorien

Damit gebe von Balthasar die Antwort auf die Frage seines damaligen Rezensenten Joseph Ratzinger, was denn eine „Theologie des Descensus“ demjenigen an zusätzlicher Erkenntnis bringe, der an das Kreuz glaube. Dass Balthasar als Anhänger der Vorstellung, alle würden gerettet, den Ruch der Häresie auf sich zog, wollte Tück nicht nachvollziehen. Balthasar sei kein Verfechter von Allversöhnungstheorien, sondern nehme „den ganzen dramatischen Ernst des Selbsteinsatzes Gottes in Jesus Christus immer als Hintergrund“. Seine Eschatologie räume mit jeder Form des Indifferentismus auf. Balthasar glaube an die Hölle, doch sei alles für alle zu hoffen, weil Gott alles getan habe, um auch den Verlorensten nahezukommen.

Lewitscharoff outete sich als Anhängerin Dantes und hielt dagegen: Es sei eine „empörende Vorstellung“, dass Massenschlächter wie Hitler, die nicht nur aus privaten Irrungen getötet hätten, in der von Tück beschriebenen Form „eine Beruhigung“ erfahren könnten. „Ich kann nicht verstehen, warum sich die christlichen Kirchen so sehr von der Vorstellung der Hölle gelöst haben, so als wäre die Hölle eine Privatstrafe, die uns vielleicht schon im Leben erreicht.“ Sie vermisse den Ernst, dass der Mensch sein Leben radikal verwirken könne.

Bei von Balthasar gebe es allenfalls die verstockte Freiheit, nicht Ja zu sagen zum Heilswillen des Schöpfers

Wie Lewitscharoff Hölle verstehe, wollte Tück wissen. Ob sie an der Vorstellung festhalte, dass Gott aktiv verdamme? Diese würde von Balthasar „unterkomplex beziehungsweise für theologisch verfehlt halten, weil Gott alles tue, damit auch das Geschöpf, dass sich radikal verfehlt habe, bei ihm wieder ankommen könne. Bei von Balthasar gebe es allenfalls die verstockte Freiheit, nicht Ja zu sagen zum Heilswillen des Schöpfers. Doch selbst für diese Sünder müsse man Balthasar zufolge noch hoffen, dass noch eine „Möglichkeit der Vollendung“ bestehe. Die Frage sei, so Tück, ob Gott nicht selbst etwas fehlen würde, wenn am Ende auch nur ein Geschöpf verloren gehe?

DT

Warum Sibylle Lewitscharoff auf dem Widerspruch beharrte, den sie an der „Dimension des Tötens“ festmachte, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 14. März 2019.

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Regina Einig Hans Urs von Balthasar Hölle Jesus Christus Sibylle Lewitscharoff

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