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Mich beeindruckte die Entschlossenheit von Erzbischof Profittlich

Ein anderer Christus. Erzbischof Eduard Profittlich gab sein Leben für Gläubige in Estland. Wie ich den Märtyrer entdeckte und malte. 
Isabelle Velandia Atelier
Foto: privat | Isabelle Velandia arbeitet am Porträt des Märtyrers Eduard Profittlich.

Es war während meines Malereistudiums vor fast 20 Jahren, dass eine langjährige Sehnsucht sich in der Begegnung mit dem christlichen Glauben erfüllte. Besonders in der Anmut der Liturgie erkannte mein künstlerisch geschultes Auge den Ausdruck der Schönheit Gottes. Im Jahre 2006 wurde ich mit 28 Jahren getauft, und die katholische Kirche wurde meine Heimat. Seit dieser Begebenheit sind Schönheit und Glaube in meinem Leben untrennbar verbunden.

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Schönheit der Kirche

Seit einigen Jahren arbeite ich an einer Reihe von Porträts, mit denen ich die Schönheit der Kirche in ihren Hirten zum Ausdruck bringen will. Mit allen Porträtierten beschäftige ich mich ausgiebig, denn es liegt mir daran, die „verborgene Persönlichkeit“ eines jeden insbesondere seine Verbundenheit mit Gott zu zeigen. Ich möchte darstellen, wie die Kirche in ihren Herzen wohnt.

Eine Persönlichkeit, an der dies sehr deutlich wird, ist der hierzulande weitgehend unbekannte Märtyrer und Erzbischof Eduard Profittlich, dessen Porträt ich vor kurzem beendet habe. Ich fand ihn im deutschen Martyrologium des 20. Jahrhunderts und erfuhr, dass seit einigen Jahren sein Seligsprechungsverfahren in Gang ist.

Mich beeindruckte vor allem seine Entschlossenheit, als Hirte sein Leben freudig für die ihm anvertrauten Gläubigen hinzugeben.

Bischof in Estland

Profittlich wurde 1890 in Birresdorf in Rheinland-Pfalz geboren und wurde später Priester und Jesuit. In den 1930er Jahren ging er nach Estland, um gemeinsam mit anderen Missionaren dort den katholischen Glauben wiederzubeleben. Die estnische Kirche wuchs und erhielt mit Profittlich 1936 zum ersten Mal nach der Reformation wieder einen ortsansässigen Bischof. Während der sowjetischen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg half Eduard Profittlich vielen Menschen, das Land zu verlassen. Er selbst entschied sich nach einer Bedenkzeit dafür, in Estland zu bleiben, denn „es geziemt sich ja wohl, dass der Hirte bei seiner Herde bleibt und mit ihr Freud und Leid gemeinsam trägt“, wie er 1941 in seinem bewegenden Abschiedsbrief schrieb.

Kurze Zeit nach seiner Entscheidung wurde er verhaftet und nach Sibirien verschleppt, wo er am 22. Februar 1942 den Märtyrertod erlitt. Jahrzehnte lang wusste man nichts von ihm. Erst Anfang der 1990er Jahre konnte man seine letzten Lebensmonate rekonstruieren. Da nicht viele Dokumente über ihn erhalten sind, nahm ich Kontakt zu der Postulatorin seines Seligsprechungsprozesses auf, um Näheres zu erfahren. Aus dem ersten Gespräch wurde bald eine echte Verbundenheit, und im August fuhr ich schließlich nach Tallinn, um auf den Spuren von Profittlich zu pilgern.

Gedenken in Tallinn

Mit großen Erwartungen trat ich diese Reise an, in der Hoffnung, Spuren der Beweggründe des Erzbischofs für seine mutige Entscheidung zu entdecken. Was sind das für Menschen, was für ein Volk, für die Profittlich Verfolgung und Tod so entschieden, ja sogar froh auf sich nahm?

Die Kirche in Estland, die derzeit 14 Priester zählt, wirkt still und bescheiden – und doch voller Leben durch einen lebendigen, frischen Glauben. Viele der Gläubigen sind erst als Erwachsene zum katholischen Glauben gekommen, entweder als Neugetaufte oder als Konvertiten. Der Anteil der Katholiken in Estland beträgt weniger als ein Prozent der Landesbevölkerung. Die Esten, denen ich begegnet bin, sind freundlich und hilfsbereit. In ihrer Erinnerung ist die lange Zeit der Unterdrückung noch sehr lebendig.

Ein beeindruckendes Mahnmal am Pirita tee, der Meerespromenade nördlich von Tallinn, erinnert mit 20 000 Namen an die Opfer des Kommunismus. Dort steht auch der Name Eduard Profittlich. Im Eingangsbereich der Kathedrale in Tallinn befindet sich eine Gedenktafel zu seinen Ehren. Da er in einem Massengrab in Sibirien starb, ist die Kathedrale bis heute der Ort, wo man seiner gedenkt.

„Und mein Leben und, wenn es sein soll,
mein Sterben wird ein Leben und Sterben für Christus sein.
Und das ist überaus schön.“

Im Herz der Gläubigen

Darunter ist eine Krypta mit einer Kapelle geplant, die ihm geweiht werden soll. Der Ort aber, an dem die Erinnerung an Profittlich am lebendigsten ist, ist das Herz der Gläubigen. Die Philosophin Marge-Marie Paas arbeitet als Postulatorin seit vier Jahren mit großer Hingabe am Seligsprechungsprozess des Märtyrers. Viele der Gläubigen dankten mir rührend für meine Arbeit, die Profittlich auch über die estnischen Grenzen hinweg bekannt macht. Bei meinem Besuch konnte ich die große und weitgehend erhaltene Bibliothek Profittlichs bestaunen, die in einem Saal des Pfarrgebäudes der Kathedrale in Tallinn öffentlich zugänglich ist. Auch viele seiner liturgischen Gewänder sind erhalten.

Profittlich war ein Mann des Gebetes. Er lud seine Gläubigen zum unablässigen Beten und zu Zeiten der Stille ein, um dort Christus im Herzen wirklich zu begegnen, wie er oft sagte. Zwei Dinge waren ihm besonders wichtig: die persönliche Begegnung mit Christus zu ermöglichen und die Einheit der Kirche mit den Glaubensbrüdern herzustellen. In meinem Porträt wollte ich die Zuversicht des Erzbischofs auf die Vorsehung Gottes durch seinen Blick und sein Lächeln zeigen: „Was auch immer kommen mag, ich weiß, Gott wird mit mir sein. Und dann wird schon alles gut sein.“

Aber auch seine für einen Hirten bezeichnende Wachsamkeit und uneingeschränkte Bereitschaft zur Nachfolge, die vor dem Opfer des eigenen Lebens nicht zurückschreckt, wollte ich in dem Gemälde sichtbar werden lassen. Eduard Profittlich ist als Märtyrer ein Beispiel dafür, dass die Kirche durch Hingabe wächst – nicht nur in der Anzahl ihrer Gläubigen, sondern vor allem in der Liebe. Ihm selbst war es wichtig, diesen Gedanken in seinem Abschiedsbrief festzuhalten: „Ich hätte es jedem sagen mögen, wie gut doch Gott gegen uns ist, wie glücklich man doch werden kann, wenn man bereit ist, alles, Freiheit und Leben für Christus dahinzugeben.“

Verfolgte Kirche

In der Person Eduard Profittlichs begegnen wir der verfolgten Kirche der Diaspora. Dem Apostolischen Administrator Estlands Philippe Jourdan, dem Nachfolger Eduard Profittlichs, liegt es am Herzen, dass diese kleine, vielerorts unbekannte Teilkirche, stärker wahrgenommen wird: Gott sät, wo er will, auch in schweren Zeiten und er tut es besonders durch das Leben der Märtyrer. Das kann auch uns Mut geben und in der Bereitschaft wachsen lassen, unser Leben für Gott und seine Kirche einzusetzen. Vielleicht können wir dann mit Eduard Profittlich sagen: „Und mein Leben und, wenn es sein soll, mein Sterben wird ein Leben und Sterben für Christus sein. Und das ist überaus schön.“

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