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Benedikt XVI. nennt Ross und Reiter

Was es noch nie gab: Ein emeritierter Papst analysiert die Krise der Kirche unserer Zeit.
Papst em. Benedikt XVI.
Foto: Patrick Seeger (dpa) | Benedikt XVI.: Der emeritierte Papst analysiert die Krise der Kirche.

Kardinal Robert Sarah, Präfekt der Gottesdienstkongregation, twitterte ganz begeistert: "Wir müssen Papst em. Benedikt XVI. danken, dass er den großen Mut gehabt hat, das Wort zu ergreifen. Seine jüngste Analyse der Kirchenkrise scheint mir von kapitaler Bedeutung. Die Auslöschung Gottes im Westen ist schrecklich. Die Kraft des Bösen kommt aus der Ablehnung der Liebe Gottes." Eines der wenigen Echos aus dem Vatikan, nachdem der "papa emeritus", Benedikt XVI., sein Schweigen nun auch in einer für die Kirche zentralen Frage gebrochen hat und mit einem Aufsatz für das deutsche "Klerusblatt" seine Sicht der Missbrauchskrise darlegen wollte – ausgehend von Notizen, die er sich für den vatikanischen Kinderschutzgipfel im Februar gemacht hatte.

Franziskus und der Kardinalstaatssekretär wussten Bescheid

Bevor es zu der Veröffentlichung kam, hatte es Kontakte mit Papst Franziskus und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gegeben. Dann aber wurde der Text genau vor einer Woche von den Online-Diensten der EWTN-Familie bekannt gemacht und schlug ein wie eine Bombe. Denn Benedikt XVI., der soeben erst zum Osterfest und zu seinem 92. Geburtstag einen Besuch von Papst Franziskus im Klösterchen "Mater ecclesiae" erhalten hat, nennt Ross und Reiter, spricht über die Gründe der Missbrauchskrise in der Kirche und zeigt Wege auf, wie diese überwunden werden kann. Dass Papst Benedikt den Text im "Klerusblatt" veröffentlicht sehen wollte, erweckt den Eindruck, dass er in die Richtung der deutschen Kirchenführung sprechen wollte, die soeben als Reaktion auf den Glaubwürdigkeitsverlust durch die Missbrauchskrise einen Synodalen Weg beschlossen hat, in dem es auch um den Zölibat, die Frauenfrage und die Neubewertung der Sexualmoral gehen soll.

Kardinal Müller: "Eine tiefgründige Analyse"

Der Text von Benedikt XVI. ist sehr konkret, er nennt Namen, Ereignisse und lebt auch von Entwicklungen, die Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation an der Seite Johannes Pauls II. und dann als Papst selber miterlebt hat. Kardinal Gerhard Müller wörtlich zu dem Text Ratzingers: "Es ist die tiefgründigste Analyse der Genese der Glaubwürdigkeitskrise der Kirche in Fragen der Sexualmoral und intelligenter als alle Beiträge beim Gipfel der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen zusammen."

DT/gho (jobo)

Einen ausführlichen Bericht, einen Kommentar sowie den Wortlaut des Aufsatzes von Benedikt XVI. lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der "Tagespost" vom 18. April 2019.

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