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Beichtgeheimnis unter Beschuss

Die Anglikanische Bischofskonferenz erwägt, das Beichtgeheimnis aufzuheben, wenn es um Missbrauch geht.
Anglikanische Bischofskonferenz erwägt, das Beichtgeheimnis aufzuheben
Foto: imago images/Mihai Barbu | In der anglikanischen Kirche vielleicht bald kein Ort unbedingter Vertraulichkeit mehr: der Beichtstuhl (Symbolfoto)

Die Bischofskonferenz der „Church of England“ erwägt derzeit, eine verpflichtende Aufhebung des Beichtgeheimnisses für den Fall einzuführen, dass einem Priester während der Beichte von sexuellem Kindesmissbrauch berichtet wird. Diesen Schritt könnte ein in dieser Woche erscheinender Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission „IICSA“ empfehlen.

Aktivisten hoffen, dass der von der Kommission verfasste Bericht die gesetzliche Pflicht zum Bruch des „sogenannten Beichtsiegels“ fordern und die Beichte hörenden Priester unter Strafandrohung dazu auffordern wird, das Beichtgeheimnis in diesem Fall zu brechen. Der bisherige Unterschied zwischen einem privaten Gespräch, dessen Inhalte, sofern es hierbei um Kindesmissbrauch geht, der Polizei aus Sicht der anglikanischen Kirche gemeldet werden können und müssen, und der Beichte, bei der dies nicht der Fall ist, soll damit aufgehoben werden.

Sollte die „Church of England“ auf die Forderung der Untersuchungskommission eingehen, hätte dies zur Folge, dass sie ihr eigenes Recht ändern und den Priestern erlauben müsste, das Beichtgeheimnis zu missachten. Die Bischofskonferenz hat eine eigene bischöfliche Kommission gegründet, die untersuchen soll, ob das Beichtgeheimnis zu halten ist oder generell aufgehoben werden soll. Die Kommission soll der Bischofskonferenz, dem Rat des Erzbischofs von Canterbury, dabei helfen, auf die Forderung der Untersuchungskommission hinsichtlich der Aufhebung des Beichtgeheimnisses zu antworten und dann die gesetzlichen Möglichkeiten abzuwägen.

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Missbrauchsopfer erhoffen eindeutige Empfehlung

Zu denjenigen, die eine Aufhebung des Beichtgeheimnisses fordern zählt auch der Priester und Kirchenrechtler Rupert Bursell, der selbst Missbrauchsopfer ist. Seiner Ansicht nach sollte das Beichtgeheimnis „nicht fortbestehen“. Aktivisten betonen, dass die Gefahr bestehe, Pädophile könnten ungestraft weiter Verbrechen begehen, wenn ein Priester nicht verpflichtet würde, die ihm gebeichteten Sünden im Falle eines Missbrauchs zu melden.

Die Bischöfe hatten bereits 2019 über das Thema gesprochen, damals aber noch keinen Konsens erreicht. In einem Statement forderten sie, dass der Priester in einer solchen Beichte das Verbrechen nicht selbst melden, den Sünder aber dazu auffordern solle. Die neue Arbeitsgruppe soll innerhalb des nächsten Jahres Theologen, Bischöfe, Sicherheitsexperten und von Missbrauch Betroffene hören und dann eine Empfehlung formulieren. Juristische Vertreter der Missbrauchsopfer hoffen auf eine eindeutige Empfehlung durch die Untersuchungskommission. DT/bst

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