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Argentinien spielt Fußball, Deutschland rettet die Welt

Leidenschaft statt Besserwissertum! Über den argentinischen Triumph dürfen sich auch die Ultramontanen unter den deutschen Katholiken freuen.
Ángel di María
Foto: IMAGO/Laci Perenyi | Blick nach oben, Tränen in den Augen von Ángel di María: Für die Argentinier war jedes einzelne Tor eine Erlösung

Auf eine offizielle Reaktion des Papstes wartet die Welt noch. Doch Franziskus gilt als Fußballfan. Auch wenn ihn sein Amt zu Überparteilichkeit drängen sollte: unwahrscheinlich, dass er sich nicht vollen Herzens über den WM-Titel seiner Landsleute freut.

Während Deutschland schon bei dem Versuch, mit der „One-Love-Binde“ mutig Zeichen zu setzen, scheiterte, war Argentinien mit der völligen Konzentration auf und Leidenschaft für das Spiel maximal erfolgreich. Boten die deutschen WM-Spieler das mitleiderregende Bild einer zwanghaft in den Dienst der Politik genommenen Werbetruppe für die gute Sache, so wirkten die Tränen, die bei den hochbezahlten argentinischen Stars nach jedem einzelnen Tor flossen, absolut authentisch.

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Deutsche Katholiken retten die Welt

In kurioser Analogie zum deutschen Fußball huldigt auch die katholische Kirche in Deutschland der moralischen Überheblichkeit. Eine „Initiative der katholischen Bistümer, Hilfswerke, Orden und Verbände mit katholisch.de“ postet derzeit auf Instagram einen „#weltretten-Adventskalender“. Wenn man dem „Hashtag“ glauben darf, wird hier also jeden Tag einen Weg verkündet, die Welt zu retten. Am 11. Dezember lautete die Botschaft beispielsweise „#weltretten… weil du rassistische ,Witze' nicht einfach so stehen lässt“. Den ersten Schritt zur Rettung der Welt markierte am 1. Dezember „#weltretten… weil du kurze Strecken nicht mit dem Auto fährst“. Die Rettung durch Christus fand bisher übrigens noch keine Erwähnung im katholisch.de-Adventskalender.

Eine Vision von Werkgerechtigkeit, möchte man sagen, die allerspätestens seit der gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999 nicht mehr Stand der katholischen Theologie ist. Schade, dass ausgerechnet der deutsche Katholizismus, der Ökumene und der modernen Theologie sonst so zugewandt, sich hier ins Abseits stellt.

Wer will, kann sich als Katholik also auch hierzulande über den argentinischen Triumph freuen. Es ist auch ein Sieg der reinen, unverzweckten – weihnachtlich beschenkten? - Freude über das hierzulande endemische, anstrengend moralisch korrekte Besserwissertum, das meint, die Welt aus eigener Kraft retten zu können.

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