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"Die Bischöfe sollen in ihrer Amtsführung kontrolliert werden"

Der Regensburger Dogmatiker Josef Kreiml kritisiert in einem Gastbeitrag das Vorhaben, einen „Synodalen Rat“ einzurichten. Er warnt vor mehr „Sitzungskatholizismus“ und fürchtet: Solch ein Rat würde zum Kontrollorgan der Bischöfe werden.
Dogmatiker Kreiml fürchtet: Es könnte ein Kontrollorgan der Bischöfe entstehen.
Foto: Sebastian Gollnow (dpa) | "Ich habe den Eindruck, dass ein solcher ,Synodaler Rat' als Kontrollorgan der Bischöfe installiert werden soll", schreibt der Dogmatiker Josef Kreiml.

Dieser Handlungstext – beginnend mit der Formel „Die Synodalversammlung möge beschließen“ – beschreibt, mit Berufung auf Papst Franziskus, die Synodalität als „Grundvollzug der Kirche“. Es wird das Anliegen vorgetragen, das derzeitige deutsche Format „Synodaler Weg“, das kirchenrechtlich überhaupt keine Grundlage hat, zu perpetuieren. „Es gilt, im Prozess der Entscheidungsfindung das Miteinander von Bischöfen und allen Getauften und Gefirmten zur ständigen Praxis zu machen“ (S. 2). Die Bischöfe sollen – so das Ansinnen – einen Synodalen Rat der katholischen Kirche in Deutschland einrichten, der entsprechend der jetzigen Synodalversammlung (zahlenmäßig verkleinert) zusammengesetzt ist. Mit ihm soll „die Bischofskonferenz eng verbunden“ sein, und er soll „mit den Diözesen in einem engen Austausch“ (S. 2) stehen. 

Synodaler Weg darf keine Dauerveranstaltung werden

Es ist meines Erachtens nicht einzusehen, warum schon jetzt der Versuch unternommen wird, das Projekt „Synodaler Weg“ als Dauereinrichtung zu installieren, wo noch gar nicht klar ist, ob dieses Projekt überhaupt zu einem Erfolg (und zu welchem?) führen wird. Es gibt genug überdiözesane Gremien in der katholischen Kirche Deutschlands (Deutsche Bischofskonferenz, Zentralkomitee der deutschen Katholiken usw.). Warum soll jetzt ein weiterer „Synodaler Rat“ gegründet werden? Das „Zentralkomitee“ kann mit den Bischöfen doch alle notwendigen Beratungen durchführen. 

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Jedem Bischof ist „die Sorge für eine Teilkirche anvertraut“ (Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche „Christus Dominus“, Nr. 11). In jeder Diözese gibt es verschiedene Räte (Pfarrgemeinderat, Pastoralrat, Priesterrat etc.). Warum soll ein weiterer „Synodaler Rat“ eingerichtet werden? Um den Gremialismus in der Kirche zu intensivieren und weitere Papierfluten zu produzieren? Schon jetzt gibt es von verschiedenen Seiten deutliche Klagen über die Textfülle vor der Synodalversammlung. Kaum mehr jemand ist in der Lage und hat die Zeit, die Texte gründlich zu studieren. Ein weiterer „Rat“ – unterstützt durch ein „ständiges Sekretariat“ – würde wiederum beträchtliche Kirchensteuermittel verschlingen. 

Laut Handlungstext sollte der angestrebte Synodale Rat „regelmäßig, mindestens zwei Mal pro Jahr“ (S. 2) tagen. Was soll dieser „Rat“ eigentlich beschließen? Es gibt schon eine Fülle von Beschlüssen der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Brauchen wir mehr „Sitzungskatholizismus“ oder mehr Missionarinnen und Missionare, die nah bei den Menschen sind? „Geht an die Ränder!“ (Papst Franziskus) Immer mehr Räte und Gremien – das ist eine kirchensteuergestützte Erfindung des deutschen Katholizismus (mit der Schaffung von weiteren Planstellen). 

Bischöfe in ihrer Amtsführung kontrolliert

Ich habe den Eindruck, dass ein solcher „Synodaler Rat“ als Kontrollorgan der Bischöfe installiert werden soll. Es heißt ja auch: Fünf Mitglieder des Synodalen Rates sollen „an den Vollversammlungen der Bischofskonferenz beratend teilnehmen“ (S. 3). Es gibt auf den verschiedensten Ebenen schon genug Beraterinnen und Berater der Bischöfe; sie brauchen an dieser Stelle nicht noch weitere. 

Der Dogmatiker Josef Kreiml
Foto: privat | Josef Kreiml ist Dogmatiker und Vorsitzender des Institutum Marianum Regensburg e.V.

Zu Beginn des Synodalen Prozesses war es – dem Kirchenrecht entsprechend – eine ausgemachte Sache, dass jeder Bischof kraft Amtes in seiner Diözese entscheidet, welche Beschlüsse der Synodalversammlung er in seiner Diözese umsetzen will – sofern er laut Kirchenrecht überhaupt das Recht dazu hat. Jetzt will sich ein geplanter deutschlandweiter „Synodaler Rat“ dafür einsetzen, „dass in den Diözesen in regelmäßigen Abständen umfassend Berichte über die konkrete Umsetzung der von der Synodalversammlung gefassten Beschlüsse und die weiteren Strategien erstellt werden“ (S. 3).

Auf Deutsch heißt das: Die Bischöfe sollen von diesem überdiözesanen „Synodalen Rat“ gewissermaßen beaufsichtigt, d. h. in ihren bischöflichen Rechten eingeschränkt werden. Es heißt dann auch klar: „Die Evaluationen und Strategien der Umsetzung des Synodalen Wegs der Diözesen werden vom Synodalen Rat der katholischen Kirche in Deutschland beraten. Der Synodale Rat erstellt einen Gesamtbericht über den Stand der Umsetzung der Beschlüsse der Synodalversammlung in Deutschland, empfiehlt Strategien und Maßnahmen für die weitere Umsetzung und zeigt Möglichkeiten zur Fortentwicklung der Beschlüsse auf. Der Gesamtbericht wird veröffentlicht“ (S. 3).

Bischöfe, bleibt wachsam!

Man müsste naiv sein, wenn man nicht erkennen würde, was damit bezweckt werden soll: Die Bischöfe sollen in ihrer Amtsführung kontrolliert werden. Hier soll ein weiteres Gremium installiert werden, das die Rechte des einzelnen Diözesanbischofs einschränken will. Man sieht ja schon jetzt, welch immenser öffentlicher Druck ausgeübt wird auf Bischöfe und andere Mitglieder der Synodalversammlung, die Alternativtexte vorlegen und damit die in Gang gesetzte Abstimmungsmaschinerie des Synodalen Weges stören. Man kann nur hoffen, dass die Bischöfe wachsam bleiben bzw. – man muss es so sagen – wachsamer werden und ihrer genuinen Verantwortung gerecht werden. Die sakramental und personal übernommene bischöfliche Verantwortung kann nicht an letztlich anonym bleibende Gremienmitglieder, die überaus mainstreamanfällig sind, übertragen werden. 


Der Autor ist Dogmatiker, Domkapitular in Regensburg und Vorsitzender des Institutum Marianum Regensburg e.V. Für das Bistum Regensburg fungiert er  zudem als bischöflicher Beauftrager für den Synodalen Weg.

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