Überzeugte Christen sind auf der politischen Bühne rar geworden. In traditionell katholischen Ländern reagieren Gläubige besonders sensibel auf die staatlich geförderte Säkularisierung. Ein Symposion des Erzbistums Valladolid und der diözesanen Kommission über die kastilische Königin Isabella die Katholische (1451–1504) förderte kürzlich viel gemeinsames Unbehagen im hispanischen Raum zutage: Korruption der politischen Klasse, staatliche Bevormundung im Namen einer vermeintlichen Toleranz gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten, Verdrängung der Religion ins Private, Beschneidung der Elternrechte und die teilweise Kapitulation von Justiz und Polizei angesichts einer schier außer Kontrolle geratenen Kriminalität.
Politische Vernunft und Glaube prägten ihren Politikstil
Als Antipode zu korrupten Eliten stellte das Symposion Isabella I. vor. Politische Vernunft und Glaube prägten ihren Politikstil; Religion war für sie keine Privatsache. Weihbischof Luis J. Argüello García von Valladolid hob ihren Sinn für Gerechtigkeit, Menschenwürde und das Gemeinwohl hervor. Mit Nachdruck warnte er vor leichtfertigen Urteilen der Nachwelt aufgrund anachronistischer Maßstäbe. Heilige als Vorbilder anzuerkennen bedeute nicht, sie in jeder Einzelheit zu imitieren.
Etliche spanische Bischöfe, darunter die Oberhirten von Valladolid, Granada und Ávila, in deren Diözesen zentrale isabellinische Lebensstationen liegen, befürworten die Kanonisierung der Königin mit Nachdruck. Bereits 2002 sprachen sich mehr als zwei Drittel des spanischen Episkopats dafür aus. Der 1957 in Valladolid eingeleitete Seligsprechungsprozess wurde 1972 auf diözesaner Ebene abgeschlossen. Bertha Bilbao Richter berichtete von ihrem Briefwechsel mit Pius XII.
Das Seligsprechungsverfahren ist bis heute kein Selbstläufer
1956 hatte die damals 23-jährige Lehrerin aus Buenos Aires den Papst gebeten, Isabella der Katholischen „endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen“ und sie wegen ihrer Verdienste um die Evangelisierung Lateinamerikas seligzusprechen. Pius XII. leitete den Brief an den Erzbischof von Valladolid weiter. Das Verfahren kam in Gang. Es ist bis heute kein Selbstläufer. Der 2007 verstorbene Pariser Kardinal Jean-Marie Lustiger soll Johannes Paul II. persönlich von einer Seligsprechung der Königin abgeraten haben, da diese Irritationen auf jüdischer Seite provozieren würde. Für die Nachwelt bleibt die Ausweisung der Juden 1492 durch das Edikt von Granada ein Stein des Anstoßes, für die Kirchenhistoriker eine fachliche Herausforderung.
DT
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