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Gut beraten oder auf dem falschen Weg?

Rom lehnt den Synodalen Ausschuss und den Synodalen Rat ab. Sie widersprechen dem Kirchenrecht sowie dem katholischen Verständnis von Bischofsamt und Synodalität.
Rom lehnt den Synodalen Ausschuss und den Synodalen Rat ab
Foto: Frank Rumpenhorst (dpa) | Die Aufgabe des Synodalen Rates geht noch über die Kompetenz der Bischofskonferenz hinaus, „gewisse pastorale Aufgaben für die Gläubigen ihres Gebietes nach Maßgabe des Rechtes gemeinsam“ auszuüben, so Graulich.

Zur Wahrung der Freiheit des Volkes Gottes und der Ausübung des bischöflichen Amtes erscheint es notwendig klarzustellen: Der ,Synodale Weg‘ in Deutschland ist nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten.“

Ungeachtet dieser doch recht eindeutigen Stellungnahme des Heiligen Stuhls vom Sommer letzten Jahres hat die Vollversammlung des sogenannten Synodalen Weges im September einen Beschluss gefasst, der sehr stark in die Formen der kirchlichen Leitung eingreift. Im Handlungstext „Synodalität nachhaltig stärken: Ein Synodaler Rat für die Katholische Kirche in Deutschland“ wird „die Errichtung eines Synodalen Rates spätestens bis März 2026“ beschlossen. Widerspricht ein solcher Beschluss nicht der gebetsmühlenartig wiederholten Zusicherung, die Versammlung des sogenannten Synodalen Weges fasse keine verbindlichen Beschlüsse?

Gleichgewichtung von Bischofskonferenz und Zentralkomitee

Tatsächlich heißt es in der Satzung: „Beschlüsse der Synodalversammlung entfalten von sich aus keine Rechtskraft. Die Vollmacht der Bischofskonferenz und der einzelnen Diözesanbischöfe, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben, bleibt durch die Beschlüsse unberührt“ (Artikel 11, 5 der Satzung).

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Im Gegensatz zu dieser Norm heißt es aber im Handlungstext: „die Synodalversammlung beschließt…“. Dem Sinn der Satzung nach hätte man eine Formulierung erwarten müssen wie: „Die Synodalversammlung bittet die Bischofskonferenz, die Errichtung eines Synodalen Rates zu erwägen“ oder ähnliches. Doch der Text fährt fort: „Zur Vorbereitung des Synodalen Rates wird von der Synodalversammlung ein Synodaler Ausschuss eingesetzt“ (wiederum nicht: vorgeschlagen), der „aus den 27 Diözesanbischöfen, 27 vom ZdK gewählten Mitgliedern und 20 anschließend von der Synodalversammlung gewählten Mitgliedern besteht.“ Wo bleibt da die satzungsgemäß garantierte Freiheit der Bischofskonferenz und der einzelnen Bischöfe, darüber zu entscheiden, ob sie sich an diesem Ausschuss und später am Rat überhaupt beteiligen wollen?

Wie beim sogenannten Synodalen Weg findet auch im Hinblick auf die Errichtung des synodalen Ausschusses und des synodalen Rates eine merkwürdige und von der Verfassung der Kirche nicht gedeckte Gleichgewichtung von Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken statt. Diese Gleichstellung (als ob den Bischöfen eine Vertretung von Laien gleichberechtigt gegenüberstünde) ist schon in sich nicht stimmig, wird aber dann noch fragwürdiger, wenn man sich die (als Pendant zu den 27 Diözesanbischöfen) bereits gewählten Vertreter des ZdK näher anschaut: Nur sieben von ihnen sind als gewählte Vertreter von Diözesan- oder Katholikenräten Mitglieder des ZdK; zehn sind als Funktionäre kirchlicher Verbände dort vertreten und zehn sind genannte Einzelpersönlichkeiten, die ins ZdK berufen wurden. Es stellt sich daher die Frage: Wen vertreten diese Vertreter?

Nach dem beschlossenen Handlungstext sollen durch den Synodalen Ausschuss und später durch den Synodalen Rat „das Miteinander von Bischöfen und Gläubigen auf der überdiözesanen Ebene … zur ständigen Praxis“ und damit die Synodalität weiter gestärkt werden. Der Begriff von Synodalität, welcher im Handlungstext zu Grunde gelegt zu sein scheint, entspricht weder dem des Kirchenrechts noch den Vorstellungen von Papst Franziskus. Synodalität besteht nach Aussage des Textes darin, gemeinsam zu beraten und zu entscheiden.

Synodalität ist nicht Demokratie

Aber das ist es gerade nicht, was Synodalität ausmacht. Synodalität erfordert gemeinsame Beratungen (das über das Hören hinausgehende wechselseitige Zuhören, von dem Papst Franziskus immer spricht), lässt aber die Entscheidungen bei der zuständigen Autorität, das heißt den Bischöfen, der Bischofskonferenz oder dem Papst. Diese Differenz zwischen der Erarbeitung einer Entscheidung (decision making) und dem pastoralen Treffen einer Entscheidung (decision taking) ist – wie auch das Papier der Internationalen theologischen Kommission von 2018 in Nr. 69 hervorhebt – kennzeichnend für das rechte Verständnis der Synodalität und bewahrt – auch darauf insistiert Papst Franziskus zu Recht – davor, Synodalität mit Demokratie und Synodalversammlungen mit einem Parlament zu verwechseln.

Ein weiteres Missverständnis im Handlungstext liegt in einer irreführenden Bezugnahme auf das Kirchenrecht, genauer auf die Canones 127 und 129, die angeblich den Hintergrund für die Errichtung von Synodalem Rat und Ausschuss darstellen. Canon 127 handelt von den Zustimmungs- beziehungsweise Beispruchsrechten von Räten oder Kollegien im Hinblick auf die Vornahme von Entscheidungen durch einen Oberen. Da aber zumindest der Synodale Rat (vermutlich aber auch der Ausschuss) zugleich Beratungs- und Beschlussorgan sein soll, kann dieser Canon hier nicht angewandt werden.

Canon 129, der ebenfalls erwähnt wird, handelt von der Leitungsgewalt in der Kirche und der Beteiligung der Laien daran „nach Maßgabe des Rechtes.“ Auch dieser Canon ist hier nicht zutreffend zitiert, da die Leitungsverantwortung bei den Bischöfen und (in geringerem Maß) bei der Bischofskonferenz liegt und nicht bei Gremien, welche im Recht überhaupt nicht vorgesehen sind. Sie können dann auch keine legitime Form der Beteiligung von Laien darstellen.

Nach dem Handlungstext kommt es dem Synodalen Ausschuss zu, über die für den sogenannten Synodalen Weg von den Synodalforen vorbereiteten Texte zu entscheiden, die in der Synodalversammlung nicht mehr beschlossen werden konnten. Sodann hat er bis spätestens 2026 die Errichtung des Synodalen Rats vorzubereiten, der – wie schon erwähnt – zugleich als Beratungs- und Beschlussorgan „über wesentliche Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft“ vorgesehen ist und „auf dieser Basis Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung zu pastoralen Planungen, Zukunftsfragen der Kirche und Finanz- und Haushaltsangelegenheiten der Kirche, die nicht auf der diözesanen Ebene entschieden werden“ trifft.

Ureigene Aufgaben der Bischöfe bleiben auf der Strecke

Damit geht die Aufgabe des Rates noch über die Kompetenz der Bischofskonferenz hinaus, „gewisse pastorale Aufgaben für die Gläubigen ihres Gebietes nach Maßgabe des Rechtes gemeinsam“ auszuüben (can. 447 CIC). Das allgemeine Recht der Kirche, ihre sakramentale Verfassung und die ureigenen Aufgaben der einzelnen Bischöfe scheinen beim Synodalen Rat auf der Strecke zu bleiben.

Das Zweite Vatikanische Konzil und in seiner Folge der Codex Iuris Canonici haben die ordentliche, eigenberechtigte und unmittelbare Vollmacht gestärkt, die zur Ausübung des Bischofsamtes erforderlich ist. Sie ist keine willkürliche Macht, sondern schon in der jetzigen kirchenrechtlichen Ordnung in die Dynamik der Synodalität eingebunden.

Eine Umsetzung des Handlungstextes zum Synodalen Ausschuss und zum Synodalen Rat in der vorliegenden beschlossenen Form würde diese Vollmacht der Bischöfe auf eine Art und Weise einschränken, die weder mit dem katholischen Verständnis des Bischofsamtes noch mit dem Kirchenrecht vereinbar ist. Sie würde eine ungebührliche Verpflichtung auf eine neue Form von Leitung darstellen, welche nicht nur die sakramentale Struktur der Kirche untergräbt, sondern vor allem das Bischofsamt nachhaltig schädigt.

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