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Wie grüne Arroganz das Vertrauen in die Demokratie aushöhlt

Die Kritik am sogenannten „Demokratiefördergesetz“ reist zu Recht nicht ab. Aber Bundesfamilienministerin Lisa Paus lässt Einsicht nicht erkennen.
Die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus
Foto: IMAGO/Kira Hofmann (www.imago-images.de) | Verantwortlich für das Demokratiefördergesetz in der Regierung ist die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus.

Es war ein verräterischer Satz der Bundesumweltministerin am Donnerstagabend in der Talkshow von Markus Lanz. Thema waren die vielen Demonstrationen im ganzen Land gegen Rechtsextremismus (oder doch gegen rechts generell? Da fängt der Streit schon an).

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Sie wolle doch alle Talkgäste darum bitten, die Bedeutung der Demos nicht zu zerreden, sagte Steffi Lemke. Und wer ihre ernste Miene dabei sah, der kann sich ungefähr ausmalen, wie die Grünen sich das vorstellen, mit der Förderung der Demokratie. Zerreden der Themen, die nach der grünen Agenda für den engagierten Staatsbürger ganz oben zu stehen haben, ist also schon mal schädlich. 

Dabei ist das, was Lemke hier disqualifiziert, zentral für unsere Demokratie: diskutieren, streiten – die Unterschiede, die die freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung möglich macht, zeichnen unser politisches System aus. Nicht der Zwang zu einer wie auch immer gearteten Einheitsfront. 

Die Bürger können den freien Diskurs über die res publica selbst gestalten

Natürlich darf Lemke, wenn ihr nicht passt, wie über die Demos debattiert wird, daran Kritik üben. Aber dann ist das nur eine Stimme im hoffentlich möglichst vielstimmigen Meinungskonzert dazu. Eine ganz andere Sache, wenn von staatlicher Seite entschieden wird, was der Demokratie förderlich ist und was nicht. Denn der Staat hat hier blind zu sein. Er hat nicht mitzuentscheiden, wie die Bürger den freien Diskurs über die res publica gestalten.

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Foto: privat / dpa | Woche für Woche berichtet unser Berlinkorrespondent in seiner Kolumne über aktuelles aus der Bundeshauptstadt.

Nun gibt es Bedenken, dass gerade grüne Akteure in staatlichen Funktionen zwischen diesen Rollen nicht unterscheiden können. Und automatisch ihre Parteimeinung auch zu der allein dem Gemeinwohl dienenden Position stilisieren. 

Deswegen wächst die Skepsis gegenüber dem sogenannten Demokratiefördergesetz stetig. In der Bevölkerung sowieso, aber nun auch in der Ampel-Koalition selbst. Verantwortlich für das Gesetz in der Regierung ist die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus. Über das Gesetz sollen Vereine unterstützt werden, die sich für eine Stärkung der Demokratie, Vielfalt und die Prävention vor Extremismus einsetzen.

Gewaltige Subvention für vermeintlich gemeinnützige Organisationen

Aber was heißt das genau? Was stärkt die Demokratie, was ist Vielfalt? Wer legt das fest? Können solche Vereine und deren Arbeit dem demokratischen Streit enthoben werden und enthalten schließlich ein staatliches Schutzsiegel? Schließlich geht es um Geld: Wird hier nicht eine gewaltige Subvention für vermeintlich gemeinnützige Organisationen genehmigt, die aber allesamt ihre ideologischen Wurzeln im grünen Umfeld haben?

Dieses Problem hat auch Wolfgang Kubicki erkannt. Der Bundestagsvizepräsident erklärte, mit der FDP werde es so eine einseitige Unterstützung bestimmter NGOs nicht geben. Bei den Liberalen geht es tatsächlich um den letzten Rest von Glaubwürdigkeit. Wenn sie hier vor den Grünen klein beigeben, brauchen sie sich bei ihren Stammwählern nie mehr blicken lassen. Doch Paus wiegelte nur ab. Es sei doch immer so, dass ein Gesetzesentwurf vor der endgültigen Verabschiedung verändert werde. Am Grundproblem ändert das aber nichts. 

Die Grünen begreifen einfach nicht, dass ihre Arroganz genau das Gegenteil von dem bewirkt, was sie bezwecken. Indem sie behaupten, nur sie wüssten, was der Demokratie nutzt, schaden sie ihr. Je länger sie die Positionen, die von ihrer Agenda abweichen, als latente Gefahr für die Demokratie verdammen, umso mehr wächst eine tatsächliche Gefahr: Diejenigen, die als Demokratiefeinde verleumdet werden, glauben es irgendwann selbst. Und das Schlimmste: Irgendwann stört sie dieses Etikett nicht mehr. Und dann werden sie wirklich zur Beute für die Extremisten. 

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