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Warum die „Pentagon Leaks“ für Joe Biden zum Problem werden

Die im Internet veröffentlichten Geheimdokumente stellen die USA vor Freund und Feind bloß.
U.S. President Joe Biden
Foto: IMAGO/. (www.imago-images.de) | U.S. Präsident Joe Biden, hier bei einer Rede in Belfast, gerät durch Veröffentlichungen aus dem Pentagon unter Druck.

Noch immer ist nicht klar, wer für die Veröffentlichung jener streng geheimen Pentagon-Papiere verantwortlich ist, in denen die USA ziemlich unverblümt die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine gegenüber Russland in Zweifel ziehen.

Zwar betonen diverse Regierungssprecher und -vertreter, dass einerseits die veröffentlichten Dokumente mitnichten komplett für bare Münze zu halten sind -  andererseits jedoch alles in ihrer Macht Stehende getan werde, um diejenigen Personen ausfindig zu machen, die die Offenlegung zahlreicher höchst vertraulicher Unterlagen buchstäblich auf dem Gewissen haben. Doch der Schaden, den die „Pentagon Leaks“ verursacht haben, ist bereits immens – und US-Präsident Joe Biden wird in der nächsten Zeit zahlreichen Verbündeten einiges zu erklären haben.

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Die USA spionieren (mal wieder) ihre Verbündeten aus

Denn nicht nur, dass die Ukraine aufgrund des ziemlich desaströsen Bildes, das den „Pentagon Leaks“ zufolge die ukrainischen Streitkräfte vermeintlich abgeben, laut „CNN“ ihre für das Frühjahr bereits geplanten Militärpläne einer Revision unterziehen mussten: In den geleakten Unterlagen tritt einmal mehr zutage, dass die USA nicht nur Gegner und Feinde, sondern auch politische Freunde und Verbündete unermüdlich ausspionieren. So sind es neben der Ukraine beispielsweise Ägypten, Israel und Südkorea, die wie zu unseligen NSA-Zeiten in der Obama-Ära es mutmaßlich über sich ergehen lassen müssen, vom großen Partner beschattet zu werden.

Bei allen drei Ländern mussten sich die USA aufgrund peinlicher Details, die in den Dokumenten zu Tage gefördert worden sind, bereits entschuldigen: So zum Beispiel bei Israel, demgegenüber die US-Geheimdienste laut der „Pentagon Leaks“ angeblich Szenarien durchgespielt haben, mit denen der engste Verbündete der Amerikaner im Nahen Osten gezwungen werden sollte, der Ukraine Waffen zu liefern.

China und Russland schauen sich das US-Debakel genüsslich an

Für Joe Biden, der sich gegenwärtig auf Staatsbesuch in Irland befindet, bedeuten all diese mit den „Pentagon Leaks“ im Zusammenhang stehenden Veröffentlichungen und Peinlichkeiten einen herben Rückschlag. Denn seine „America is back“-Doktrin, dank welcher die USA im systemischen Wettstreit mit China und Russland nach neuen Verbündeten Ausschau halten und neue Allianzen zugunsten der Ukraine schmieden wollen, leidet nun unter gleich zwei massiven Glaubwürdigkeitsproblemen: Zum einen bezüglich der Fähigkeit zu sicherheits- und verteidigungspolitischer Geheimnisbewahrung, zum anderen bezüglich des äußerst zweifelhaften Umgangs mit Freunden und Partnern.

So wirkt ein Staat, der sowohl Freund und Feind beschattet und nicht einmal in der Lage ist, dieses zu verbergen, selbstverständlich nicht sonderlich vertrauenserweckend. Dabei ist die Fähigkeit, sowohl Vertrauen als auch stabile politische Allianzen angesichts der globalen Bedrohung durch die Achse China-Russland zu bilden, nicht nur mit Blick auf den Ukraine-Krieg wichtiger denn je. Es braucht die jahrzehntelange politische und diplomatische Erfahrung eines Joe Biden, um hier die Wogen wieder zu glätten – und um Xi und Putin nicht mit mehr als einem Punktsieg davon kommen zu lassen.

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