Rechtsstreit

US-Supreme Court: Abtreibungspille bleibt zunächst verfügbar

Der Oberste Gerichtshof der USA weist die Urteile niedrigerer Instanzen zurück. Eine endgültige Entscheidung ist damit aber nur vertagt.
US-Supreme Court
Foto: IMAGO/Megan Smith (www.imago-images.de) | Eine endgültige Entscheidung in dem Rechtsstreit um das Präparat ist noch nicht gefallen, jedoch bis auf Weiteres vertagt.

In den USA bleibt der Zugang zu der Abtreibungspille Mifepriston weiter verfügbar. Am Freitagabend (Ortszeit) wies der Supreme Court in der US-Hauptstadt Washington die Gerichtsurteile niedrigerer Instanzen zurück, die die Zulassung der Pille aufgehoben oder den Vertrieb zumindest eingeschränkt hätten. Eine endgültige Entscheidung in dem Rechtsstreit um das Präparat ist damit noch nicht gefallen, jedoch bis auf Weiteres vertagt. Nur die zwei konservativen Richter Samuel Alito und Clarence Thomas wichen von der Mehrheitsmeinung ihrer Richterkollegen ab.

Urteil umfasst nur einen Paragraphen

Die Abtreibungspille, die in den USA Erhebungen zufolge für mehr als die Hälfte aller Abreibungen eingesetzt wird, und in Deutschland unter dem Handelsnamen „Mifegyne“ vertrieben wird, kann somit weiterhin bis zur zehnten Schwangerschaftswoche legal eingenommen werden. Zudem kann die Abtreibungspille weiterhin nach telemedizinischer Beratung verschrieben und auf dem Postweg versandt werden. Eine persönliche Untersuchung durch einen Arzt ist dafür nicht notwendig.

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Die Entscheidung des Obersten Gerichtshof ist nicht namentlich gezeichnet und umfasst nur einen Paragraphen. Veröffentlicht wurde sie nur wenige Stunden bevor die Einschränkungen in Kraft getreten wären. Das juristische Tauziehen um die Abtreibungspille hatte sich in den vergangenen Wochen zugespitzt, nachdem am Karfreitag zunächst ein Bundesrichter aus Texas einer von mehreren Ärztevereinigungen angestrengten Klage stattgegeben und die Aufhebung der Zulassung der Abtreibungspille angeordnet hatte. Das US-Justizministerium wandte sich daraufhin an das zuständige Berufungsgericht in New Orleans. Das entschied, dass die Abtreibungspille zwar zugelassen bleibe, ordnete aber eine Rückkehr zu den Auflagen an, die die US-Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drugs Administration) vor 2016 selbst erlassen, in den Folgejahren dann jedoch mehrfach gravierend liberalisiert hatte.

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden wollte sich mit dem Urteil nicht zufrieden geben und stellte einen Dringlichkeitsantrag beim Obersten Gerichtshof. Daraufhin setzte der Oberste Richter Samuel Alito die Rechtsfolgen der zuvor erlassenen Urteile zunächst bis Mittwoch, 23.59 Uhr (Ortszeit), aus und verlängerte die Frist schließlich um zwei weitere Tage.

Rechtsstreit kann bis ins nächste Jahr gehen

Beobachter gehen nun davon aus, dass sich der Streit um die Abtreibungspille mindestens bis ins nächste Jahr fortsetzen wird. Als nächstes wird der Fall Mitte Mai vor einem Berufungsgericht in New Orleans verhandelt. Es ist davon auszugehen, dass am Ende abermals der Supreme Court entscheiden wird. 

US-Präsident Joe Biden begrüßte das Urteil des Obersten Gerichtshof und erklärte, seine Regierung werde weiterhin „die unabhängige Autorität der Experten der FDA verteidigen, eine breite Palette verschreibungspflichtiger Medikamente zu prüfen, zuzulassen und zu regulieren“. Wenn das Urteil des texanischen Bundesrichters Bestand gehabt hätte, „hätte es die medizinische Urteilsfähigkeit der FDA untergraben und die Gesundheit von Frauen aufs Spiel gesetzt“, so Biden.

Kritisch äußerte sich dagegen die christliche Menschenrechtsorganisation „Alliance Defending Freedom“ (ADF), die in dem Fall die Klägerseite vertritt. Die FDA müsse sich für den Schaden verantworten, die sie „zahllosen Frauen und Mädchen und der Rechtsstaatlichkeit zugefügt“ habe, indem sie nicht untersucht habe, „wie gefährlich die Einnahme chemischer Abtreibungspräparate ist“.  DT/mlu

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